Der ultimative Stadt-Land-Vergleich – heute: Die Sache mit der Axt

Der Unterschied zwischen dem Leben auf’m Dorf und dem Leben in der Stadt ist nicht wegzudiskutieren – wer könnte das besser beurteilen als ich? Geboren in einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern, habe ich anschließend 25 Jahre lang abwechselnd am „inneren“ und am „äußeren“ Rand der schönsten Stadt der Welt gelebt und gewirkt… war es außerhalb der Stadt, schlug man zweimal lang hin und lag auf’m Acker, war es innerhalb der Stadt, lag man nach Vollführung desselben Kunststückes im U-Bahn-Schacht.

Die schönste Stadt der Welt
© 2011 Cindy von mondscheintomate.de noch lange, bevor es mondscheintomate.de überhaupt gab

Schließlich lebe ich jetzt auf so’nem richtigen Dorf… so einem, über das man sagen würde: „Das Leben auf dem Dorf ist irgendwie überall gleich.“ Es gibt in manchen Gegenden echt Dörfer, die nicht nur „Klein-Mucklingen“ und „Groß-Mucklingen“ oder „Alt Hintertupfingen“ und „Neu Hintertupfingen“ heißen – nein, es gibt in manchen Gegenden sogar „Klein Klöttersdorf 1“ und „Klein Klöttersdorf 2“ oder „Dödelsdorf“ und „Dödelsdorf Ausbau“ – vermutlich, weil’s schlicht egal ist, wo genau man nun wohnt.

Egal, wo man hinfährt – es gibt wohl auch in beinahe jedem Dorf eine Hauptstraße – alternativ heißt die Dorfstraße oder es gibt beides, sieht aber eigentlich immer ähnlich aus: Meist das Gegenteil von „vierspurig ausgebaut“, ein Rinnstein, den regelmäßig irgendein ortsansässiger Rentner akribisch sauberprökelt, ein paar Häuser, je nach Gegend durchschnittlich in mehr oder weniger gutem Zustand, Vorgärten von „Marke Wildwuchs“ bis „Marke nagelscherengetrimmter Golfrasen“ und immer wohnt irgendwo einer, der den ganzen Tag am Fenster sitzt, einer, der nie da ist, einer, den keiner im Dorf mag, eine lebende Dorfzeitung und wenn da noch mehr Leute wohnen, dann neben zweien, die sich regelmäßig in die Wolle kriegen meistens eine Menge vorwiegend durchschnittlicher Menschen… aber wir schweifen ab, wollten wir uns doch mit dem Unterschied zwischen dem Leben auf dem Dorf und in der Stadt beschäftigen.

Ich nenne mal ein Beispiel: Lauft doch einfach mal mit ’ner Axt durch die durchschnittsdeutsche Großstadt – da kommt man wenn’s gut läuft wohl etwa 500 m weit und dann sitzt man (womöglich mit der Acht auf’m Rücken) bei den netten Damen und Herren von der Rennleitung im Hörnertaxi, weil die annehmen, sie hätten gerade den Axtmörder von letzter Woche weggefangen. Game over, das war’s.

Tut man hingegen haargenau dasselbe auf dem Dorf, loben einen auf 5 km drei Leute dafür, wie fleißig man doch sei und einer macht’n Witz darüber, ob man bei ihm nicht gleich weiter Holz hacken könne, wenn man selbst fertig sei (haha, hihi – okay, als er vor ’nem halben Jahr einen äquivalenten Spruch zu einer Aktion mit’m Besen, mit dem man ja gleich bei ihm weiterfegen könne, brachte, war das noch ziemlich lustig, aber seit darauf schon „Wechselst meine Räder auch gleich, haha?“ und „Ich hab auch noch Glas zum Container zu bringen, hihi, mach hier doch weiter!“ folgten, hat sich das irgendwie abgenutzt). Der fünfte, den man schließlich trifft, fordert einen auf, kurz zu warten, geht in’n Schuppen, kommt mit noch so’ner Axt wieder und fragt, ob man die nicht geschenkt haben möchte, die hat er im Grunde über und die ist ja auch echt noch gut.

Mehr Leute trifft man dann auf den 5 km auch nicht, außerdem muss man dann schnell nach Hause gehen, sonst muss man mit dem Ex-Besitzer seiner Zweitaxt, die einem soeben anheimgefallen war, noch’n Schnaps trinken, und im schlimmsten Fall kommt noch’n Nachbar, der (seinerseits nach fünf Schnäpsen, die er dann mitgetrunken hat) mit seinem neuen Holzspalter noch kurz mithelfen will.

Wo ich nun lieber wohne? Ich kann es gar nicht sagen, beziehungsweise – das lässt sich auch einfach nicht so eindeutig feststellen. Natürlich mag ich die Landschaft hier, und das heißt wohl nicht ohne Grund Land- und nicht Stadtschaft. Die Möglichkeiten, die man hier hat, wenn man sich mit Pferden beschäftigt, sind toll, die Leute sind entspannt, auch, was für andere Leute bisweilen nervige Hobbys angeht, weil man hier in der Regel nicht mit dem Ohr an der Wand zum Nachbarn schlafen muss – und doch bin ich meistens froh, nicht so weit von der schönsten Stadt der Welt weg zu wohnen und manchmal traurig, dass keine ihrer Postleitzahlen mehr in meinem Ausweis steht.

Weihnachtsdeko

Habt ihr schon geschmückt? Ich meine nicht den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer, sondern die Fenster oder den Garten. Wenn man so durch die Stadt fährt, dann verrenkt man sich den Hals nach oben, weil nur dort die Balkone zum Teil leuchten, wie die Werbetafeln in amerikanischen Filmen. Es scheint da auch einen Gruppenzwang zu geben, denn es gibt dunkle und leuchtenden Blocks.

Ich habe es aufgegeben ein Haus zu bekommen, dass aussieht wie im Film „Schöne Bescherung“ von Chevy Chase. Dort ist das ganze Dach und die Fassade mit Glühbirnen bedeckt. Passend dazu wird im Film gezeigt, wie das Stadtviertel kurz in Dunkelheit versinkt, weil die Beleuchtung soviel Strom frisst. Das Problem ist ja heute kleiner, da die LEDs deutlich weniger Strom verbrauchen. Trotzdem bleibt die Arbeit, die Lichterketten, Sterne und Schleifen zu montieren.

Mir dämmert allerdings so langsam, dass selbst hunderete Meter Lichterketten nicht diesen Leuchteffekt auslösen würden. Das Problem ist ganz banal – der Hof ist zu groß. Zwei Lichterketten hängen jetzt. Auf einem 600qm Grundstück wäre das zusammen mit einem Schneemann vor dem Haus und einem Türkranz schon ein Vollschmuck für ein Häuschen. Bei mir fragt man sich, warum es so dunkel ist und dahinten ein Lichtlein glüht. Überhaupt hat niemand etwas von der Deko vor meiner Haustür. Von der Straße aus kann man es nicht sehen. Und klingeln tut hier höchstens der Hermes Bote. Man geht durch den Nebeneingang und ruft – je nachdem wer – „Hallo“ oder „Tinki?“ oder manchmal auch „Scheiß Köter!“. Letzteres passiert, wenn ich nicht da bin und mein Terrier laut kläffend angerannt kommt. Er macht das auch, wenn ich da bin, aber dann hört man sofort „Bist du jetzt endlich ruhig! Ich versteh ja kein Wort.“

Ich bin sonst durchaus ein Gegner von Lichtverschmutzung. Die ist vor allem für Insekten und einige Nachteulen (oder ähnliches) gefährlich. Da diese Tiere in der Winterzeit sehr selten sind, darf man Abends und Morgens meiner Meinung nach ruhig beleuchten. Die wenigen Stunden, in denen es im Winter hell genug ist, um draußen ohne Kopflampe zu laufen, werden so wenigstens etwas erhellt. Ich werde weiter ein wenig vor mich hinträumen von einer beleuchteten Allee auf meinen Hof, die bei einem beleuchteten Trecker mit einem Hänger voller Geschenke endet. Vielleicht fällt mir irgendwann auch noch etwas originelleres ein. Die Kirche aus Lichterketten bei einem Gerüstbauer hat mich sehr beeindruckt. Aber Nachmachen gilt nicht!

Frohes Fest und Guten Rutsch

Zehn Schritte zur perfekten Hühlusion

Ihr fragt Euch seit langem, ob so ein eigenes Pferd nicht etwas für Euch wäre? Schließlich wart Ihr als Kinder mal auf dem Ponyhof und hattet ein paar Monate Reitunterricht – und das sieht doch alles so schön und einfach aus?

Kommen wir hier also zum Test, ob das wirklich das richtige für Euch ist – im Grunde also zur perfekten Hühlusion in zehn Schritten:

1. Zieht Eure Schuhe irgendwo durch den Dreck – je aromatischer, desto besser: Ein Matschloch ist nicht schlecht, ein Güllebecken ist deutlich besser. Macht das am besten bei Regenwetter, so dass die Dinger auch mit rein müssen, stellt sie auf die Fußmatte und freut Euch über den olfaktorischen Genuss.

2. Setzt Euch stundenlang draußen hin – bei starker Hitze ist es schon ganz gut, bei Regen, Schnee oder Schneeregen ist es deutlich besser. Schaut alle paar Minuten auf Euer Handy, ob sich Tierarzt, Sattler, Hufschmied etc. gemeldet haben – okay, das wird nicht passieren, weil Ihr keinen Termin habt… das geht uns aber auch mit Termin oft nicht besser.

3. Besorgt Euch Haare. Haare sind wichtig: Verteilt sie überall, in Eurem Auto, in der Waschmaschine (besonders wichtig), in der Sofaritze (auch bei anderen Leuten) und vor allem auch überall, wo Ihr nie mit Pferdeklamotten hingehen würdet. Pferdehaare haben nämlich die Angewohnheit, eigenständig zu wandern… durch ihre Mobilität sind sie quasi überall, die müssen irgendwo kleine Beine haben oder kriechen wie ein Wurm – genau erforscht ist das allerdings noch nicht.

4. Sehr ähnlich zu den Haaren verhält es sich mit Heu – auch das verteilt sich selbsttätig überall. Besorgt Euch also einfach irgendwo eine Handvoll Heu, tut sie in Eure Jacken- oder Hosentasche (warum auch immer, aber auch da finden wir Pferdeleute immer Heu) und lasst den Dingen ihren Lauf.

5. Besorgt Euch einen Pferdeappel. Einen echten. Mit so einem Pferdeappel ist man dann schon auch rein physisch im Grunde maximal dicht dran am Pferd. Nehmt das Ding dann ab und zu in die Hand, tragt es ein bisschen herum und habt einfach direkten Kontakt dazu – dass das Ding immer älter wird und sich in Farbe und Konsistenz verändert, ist übrigens Teil der Übung. Okay – das machen wir Pferdeleute so direkt zwar nicht, aber wo so’n Pferd überall mit Körperstellen war, die wir hinterher anfassen und was genau das für Dreck ist, den wir aus dem Fell putzen, wissen wir auch nicht immer so genau. Obwohl: Seit ich als Zweitpferd (das übrigens alle in diesem Posting erwähnten Faktoren aus irgendeinem Grund nicht etwa ungefähr verdoppelt, sondern gefühlt verfünffacht) mehr oder weniger stolze Besitzerin eines Schimmels bin, weiß ich das anhand der Farbe des Drecks am Pferd schon relativ genau und bin auch immer wieder mal erstaunt.

6. Stellt Euch mindestens einmal im Monat irgendwas richtig Schweres auf den Fuß – einen Amboss, einen LKW, einen lebenden Elefanten… was immer Ihr gerade zur Hand habt. Wenn Ihr meint, Ihr seid schlau und habt Schuhe mit Stahlkappen an, stellt Euch das gewählte Objekt so auf den Fuß, dass die Stahlkappe nur den Schuh schwerer macht, aber bei Eurer Aktion keinen Schutz bietet.

7. Schränkt Euch in Eurem Kühlschrank ein – genauer gesagt: Räumt alle Fächer bis auf eins aus. Kauft Unmengen an Möhren und Äpfeln und bestückt die restlichen Fächer damit. Widersteht dem Bedürfnis, was von dem Zeug selbst zu essen, sondern verschenkt es zum Beispiel – Ausnahme: Wenn der Apfel nicht mehr so schön aussieht, dürft Ihr selbst mal abbeißen, denn den würde man dem Hüh schließlich auch nicht mehr zumuten wollen.

8. Lauft bei Kälte und im Winter mit einer Schubkarre draußen spazieren. Das Ding sollte voll und schwer sein – am besten macht Ihr einfach Wasser rein, dann werdet Ihr ein bisschen nass dabei, was dem authentischen Winter-Wasserschlepp-Stallfeeling sehr nahe kommt.

9. Verbrennt täglich ein wenig Geld – der eine oder andere Schein darf es schon sein. Mindestens einmal im Monat verbrennt eine größere Menge Geld. Redet Euch ein, dass das jetzt Euer Hobby ist.

10. Das geht jetzt im Grunde ganz automatisch: Betreibt alle oben genannten Punkte in Eurer Freizeit, denn Freizeit = Hühzeit. Date in der Cocktailbar? Fehlanzeige, ich muss noch misten. Letzte Chorprobe vor dem großen Auftritt? Ohne mich, der Tierarzt kommt!

Wenn Ihr diese zehn Punkte ohne Schwierigkeiten umsetzen könnt, dann gratuliere ich: Der Anschaffung eines eigenen Pferdes steht eigentlich nichts mehr im Wege!

Eigentum verpflichtet

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 14 

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html

So ein Wohnahus mit Grundstück jedenfalls will erhalten und gepflegt werden. Zuerst mal geht es dabei um Eigeninteressen. Man möchte ja schön und ordentlich wohnen und lange halten soll es auch noch. Dann kommen schon die Interessen der Umliegenden. Wie viel merkwürdige Blicke der Nachbarn kann und will man aushalten, weil der Brennesselhorst neben der Einfahrt immer größer wird. Bis hin zu eben den gesetzlichen Vorschriften, die dazu führen, dass wir den Rinnstein vor unserem Grundstück sauber halten müssen.

Regenrinne
vermooste Regenrinne

Immerhin hat der Gesetzgeber eine eher schwammige Formulierung gewählt. Es bleibt ja die Frage offen, ob man den Rasen mähen muss oder nicht. Auf jeden Fall darf man Gebäude auf dem Grundstück nicht einfach verfallen lassen, auch wenn ich das schon anders erlebt habe. Vielleicht gibt es da ja Ausnahmeregelungen, wenn niemand gefährdet wird oder so. Und wie dient denn eigentlich mein Haus und Grund der Allgemeinheit? Wäre da nicht ein offener Blick auf das Grundstück und die schön gepflegte Anlage angemessen? Dann müssten ja alle die schönen Häuser mit hohen Mauern ihr Konzept ändern. Oder sollte einfach nur der Müll und Schrott nicht gerade bis auf die Straße raus wandern? Solche Grundstücke sind nicht gern gesehen. Da beginnt die „Hintenrum- Justiz“ des Dorfes – Lästern.

Die Dorfjustiz sorgt im Großen und Ganzen auch sonst dafür, dass man sich verpflichtet fühlt. Der Rasen, der Baumschnitt, der Blumengarten vor dem Eingang – alles wird von den Nachbarn beäugt und kommentiert. Sehr schöne Grundstücke werden zu Pilgerstätten, die jeden Sonntag einen Ausschank am Hoftor machen könnten, weil so viel Betrachter kommen. Die „Schandflecken“ müssen sich da schon mehr anstrengen. Aber wenn sie wirklich ausreichend Schrott angesammelt haben, dann hat man den gleichen Effekt.

Die Sache hat aber noch ein weiteres moralisches Nachspiel. Eigentum, ganz gleich ob an einem Haus, Pferd oder Kugelschreiber, bindet den Menschen auch. Sie hält dich fest und schränkt dich ein. Je mehr Eigentum, desto weniger Freiheit! Auf der anderen Seite:

Das Eigentum gibt dem Menschen die notwendige Unabhängigkeit und Freiheit, um das Leben eigenverantwortlich zu gestalten. Es ist Ausdruck und Mittel der individuellen Selbstverwirklichung. Die Freiheit des Individuums bliebe ohne das Eigentum eine leere Formel, weil dem Menschen die materiellen Voraussetzungen selbstständiger und eigenverantwortlicher Daseinsgestaltung fehlen würden. Quelle: https://www.bpb.de/apuz/316452/was-ist-eigentum

Ganz praktisch sieht es so aus. Man wünscht sich das eigene Haus mit einem möglichst großen Grundstück und einem sympathischen Baumbestand. Dann lebt und arbeitet man, harkt die Blätter, pflanzt Blumen und Hecken, reinigt Dachrinnen und Badezimmer. Und im Laufe der Jahre wird das immer beschwerlicher. Das liegt vielleicht auch an der Gebrechlichkeit des Alters, aber auch daran, dass man materielle Dinge immer weniger schätzt. Da wird das geliebte Eigentum zum Killer der Freiheit. Vielleicht es auch nur eine typisch menschliche Entwicklungsphase, das letzte Stück der Pupertät oder so, die einen erkennen lässt:

Der Besitz besitzt. – Nur bis zu einem gewissen Grade macht der Besitz den Menschen unabhängiger, freier; eine Stufe weiter – und der Besitz wird zum Herrn, der Besitzer zum Sklaven. Friedrich Nietzsche

Homeoffice 2.0 – heute: Die Videokonferenz. Oder: Wenn Vorstellung und Realität auseinanderklaffen

Die Vorgeschichte: Ich mache die anstehende Videokonferenz einfach im Homeoffice… da hab ich meine Ruhe, die Leitung ist stabil und ich muss nicht erst extra ins Büro eiern – so meine naive Vorstellung vom Ganzen.

Die Idee: Ich setz mich einfach vors Drumset… haben die anderen mal was zu gucken und man kann vorher scherzen, dass sich gute Redebeiträge endlich angemessen in Szene setzen ließen… badumtsssss!

Ja, witzige Vorstellung.

Total witzige Vorstellung.

Was haben wir gelacht!

Die Realität: Sogar die Technik funktionierte und der Teilnahme an der Videokonferenz stand nichts im Wege. Zu Anfang der ganzen Veranstaltung hinters Schlagzeug geklettert, weil der Snare-Teppich noch klötterte – eindeutiger Anfängerfehler. Am Fuß der Standtom hängengeblieben, weil der Hocker im Weg stand (irgendwo muss man die notwendigen Kaltgetränke, um ein solches Unternehmen schadlos zu überstehen, ja lagern). Sah sicher wenig elegant aus und war irgendwie weniger witzig als die musikalische Begleitung, über die ich vorab gescherzt hatte.

Wie oft man mit den Haaren in den Chimes hängenbleibt, wenn man auf der falschen Seite des Drumsets sitzt, hatte ich darüber hinaus übrigens auch deutlich unterschätzt… ich weiß schon, warum ich im Normalfall auf der anderen Seite von dem Ding sitze!

Eine Frage noch am Rande: Ist es eigentlich ein Arbeitsunfall, wenn man im Homeoffice mit dem Bürostuhl an dem ollen Lappen, der aus Gründen von Antirutsch unter dem Schlagzeug liegt, hängenbleibt? Frage für einen Freund.

Rasen mähen weil der Nachbar guckt

Mein Garten ist naturnah. Jedenfalls erzähle ich das jedem, der es merkwürdig findet, dass so viele Brennnesselhorste auf meinem Grundstück sind. Immerhin beherbergen die Brennnesseln die Raupen vom Admiral, vom Kleinen Fuchs oder vom Tagpfauenauge. Nun ist mein Grundstück sehr groß und das Unkraut könnte auch hinten wachsen, denn in Wahrheit komme ich mit der Pflege einfach nicht hinterher. Oder an manchen Tagen, wenn es kalt ist, regnet oder zu heiß ist, habe ich keine Lust. Weniger gärtnern ist mehr. So lautet dann mein Wahlspruch und der naturnahe Trend kommt meiner faulen Haut entgegen.

Das hindert aber im Dorf niemanden daran, mich auf den langen Rasen anzusprechen. Meine Bemühungen Naturschutz zu erklären, werden mit einem mitleidigen Lächeln oder hochgezogenen Augenbrauen quittiert. Es nutzt also nix – da muss ich drüber stehen oder eben doch mal das Grundstück, wenigstens zur Straße hin, pflegen. Das Stück Rasen der Gemeinde, das sich zwischen Gehweg und Straße befindet, halten wir inzwischen relativ kurz. In jungen Jahren haben wir da die Ponys drauf gestellt. Heute sehen wir es ein, dass ein ansprechendes Dorfbild nur erreicht werden kann, wenn dieses Stück regelmäßig gemäht wird. Man macht da so eine Metamorphose durch. Modern wird das wohl als Inklusion bezeichnet. Es passiert eine Anpassung an die örtlichen Sitten und Gebräuche.

Das ist ja auch nicht immer schlecht. Bei meinen Brennnesseln bleibe ich hartnäckig. Aber den Rinnstein putze ich. So im Laufe der Jahre ist mir klar geworden, dass es Sinn macht, wenn das Wasser auf der Straße vernünftig abfließen kann. Und das geht eben nur mit einem sauberen Rinnstein. Und ein Blumenbeet zur Straße hin gibt es inzwischen auch. Es ist immer noch ein bisschen naturnah, weil da bienenfreundliche Pflanzen stehen. Aber es wird auch gekratzt und gejätet, damit die Nachbarn was zu gucken haben. Und wenn sich ein Tourist verirrt, dann ist er angetan von der Blütenpracht. Der äußere Schein ist zwar nicht alles, aber trotzdem der erste Eindruck. Es kann ja nicht schaden, wenn der angenehm ist.

Künstliche Intelligenz

Das mit der künstlichen Intelligenz ist ja so eine Sache… ich habe auf Messen, auf Videos und so weiter zwar schon Sachen gesehen, die echt beeindruckend waren, und vom Roboter im von mir favorisierten Elektronik-Fachgeschäft lasse ich mich immer wieder gern auch zu Produkten begleiten, von denen ich zumindest ahne, wo ich sie finde – einfach, weil es so toll ist.

Soooooooooo weit ist das allerdings anscheinend alles doch noch nicht: Personalisierte Werbung mag eine gute Idee sein, aber gerade mir Werbung für Hufschuhe anzuzeigen, obwohl ich das Konzept hinter Hufschuhen für Pferde zwar irgendwie nachvollziehen kann, nach einem Versuch vor Jahren damit allerdings nichts mehr zu tun haben will, weil die Umsetzung, ein Schühchen an einen nahezu runden Huf, der den Kontakt zwischen etwa einer halben Tonne Pferd und Gottes schöner Erde herstellen soll, zu montieren, zumindest Herausforderungen mit sich bringen könnte? Das war nicht besonders sinnvoll, mein Schmied wird es schon richten.

Und überhaupt – wie wäre es stattdessen denn mal mit natürlicher Intelligenz? Ich kenne ja Leute, die nehmen ihr Telefon mit aufs Klo… und wahrscheinlich kenne ich von dieser Spezies sogar mehr, als ich glaube. Was tut Ihr dort damit? Habt Ihr ’ne App zum Spülen? Braucht man das? Mache ich was falsch? Habe ich das wahre Potenzial meines Telefons (oder des Toilettenbesuchs) nur noch nicht erkannt?

Ich habe mal ein bisschen darauf geachtet, was der eine oder die andere so für Helferchen auf seinem Telefon nutzt oder was mir so mittels Werbung angeboten wird… das ist schon spannend: Es gibt zum Beispiel Apps, mit denen man dokumentieren kann, was man am Stall gemacht hat… wahrscheinlich geht es da um Pferdetraining. Was sollte ich da dokumentieren? Kacke gesammelt, Kacke gesammelt, Pferd weggescheucht, das die fast volle Schubkarre umgeschmissen hat und dann weiter Kacke gesammelt, Wasserbottich geschrubbt, dem Pony die dafür verwendete Klobürste wieder weggenommen, Wasserbottich vollgemacht und mit dem Pferd zum Container geritten – Altglas wegbringen? Ich weiß nicht genau, wem eine solche Dokumentation warum helfen sollte, die Werbung, die mir das Ding gezeigt hat, hat bei mir jedenfalls ihr Ziel verfehlt.

Als nächstes war da die App, mit der man festhalten konnte, wann man Kopfschmerzen hat. Warum man das tun sollte, leuchtet mir ja sogar noch ein, aber wenn ich ein „K“ in meinen Kalender schreibe oder meinetwegen ein kleines Gehirn male, tut das noch der Motorik gut, ist bei Kopfschmerzen bestimmt nicht so schlecht, wie auf dem Telefon rumzuklöttern und am Monatsende kann ich das ganz wunderbar händisch auszählen (und wieder hat mein Hirn gearbeitet).

Die Sache mit dem Kalender in Verbindung mit der Körperfunktion führt mich unweigerlich zum nächsten Thema: Gefühlt jeder zweite in meinem Alter hat jetzt so’ne Smart Watch: Ich habe gerade mal ’ne normale Uhr um, wenn ich an sie denke (wobei – normal ist die ja eigentlich gar nicht mehr… ich mag automatische und Handaufzugs-Uhren, da ist noch Mechanik anstatt einer Batterie drin) und Eure Uhren lesen Euch die Nachrichten vor, wissen, wie weit Ihr gelaufen seid und messen permanent Euren Puls? Warum? Kann Euch das Ding auch reanimieren, wenn was nicht stimmt oder ruft es wenigstens selbst einen Arzt an?

Nee, nee – irgendwie ist das für mich alles noch nicht ausgereift genug, und von daher bin ich vorerst weiterhin für mehr Hirn und weniger Technik, die ersteres mehr schlecht als recht ersetzen kann.

Wie lebt es sich mit der Krise auf dem Dorf?

Ich weiß ja nicht wie es euch mit dem Lock-down geht, aber ich habe noch nie so viele gute und vor allem vollkommen neue Witze gehört, wie seit wir in der Krise stecken. Das ist eventuell Galgenhumor oder es zeigt, wie die Menschheit in Krisen tickt. Hier auf dem Dorf wird sich zum Beispiel gerne über die Abstandsregel lustig gemacht. Ein Meter fünfzig ist auch ziemlich nah. Der Kaffee – zu welcher Uhrzeit auch immer – wird jetzt vermehrt draußen zusammen getrunken. Und die Gurken aus Nachbars Gewächshaus werden an der Haustür übergeben und nicht erst im Flur. Das hält auch die Wohnung sauberer. Ich bin mir sicher, dass das Letztere so bleiben darf.

Lock down im Dorf März 2020
So sah es zu Beginn des Lockdowns am 20.03.2020 aus

Ich war nicht gleich auf Zack, aber dann bin ich los, um dokumentarisch in Bildern die Situation des Lock down im Dorf zu dokumentieren.

Lock Down auf dem Dorf Mai 2020
Die gleiche Stelle nur diesmal am 31.05.2020

So schön, ist es im Mai im Dorf. Alles ist ergrünt. Das Wetter war auch fantastisch gewesen.

Zum Ende des Lock down auf dem Dorf Juli 2020
Jetzt sind wir auf dem Weg aus dem Lock down raus. 13.07.2020

Jetzt im Juli lässt das gute Wetter nach. Die geringen Infektionszahlen im Dorf, im Kreis, im Land haben ja dazu geführt, dass man sich offiziell auch wieder in den Wohnzimmern treffen darf. Somit entsteht auch kein Kommunikationsabriss. Dafür kommt das immer lautere Murren über Vorschriften, die vermutlich in größeren Städten Sinn machen, aber auf dem Dorf absurd sind. Ich denke da an die Regelung mit den Einkaufswägen in den Discountern. In dem 130qm großen Konsum ist ein Einkaufswagen albern, wenn man eine Packung Milch braucht. Merkwürdig ist es auch, dass keine Gottesdienste statt finden durften. Hier erscheinen im Höchstfall fünf Leute an normalen Sonntagen.

Mein Garten sah noch nie so gepflegt aus wie in diesem Jahr. Die ganzen ehrenamtlichen und familiären Termine sind weg gefallen und die Zeit habe ich genutzt. Eingepfercht in einer 80qm Wohnung im Homeoffice in der Stadt, hätte ich wohl auch meine Probleme gehabt. Die ersten Besuche in den größeren Orten zum Einkaufen, waren mit etwas Unsicherheit verbunden. Was darf man denn nun und was sollte man unterlassen? Ich war dank Cindy auf dem neuesten Stand, sonst wäre ich mir wohl vorgekommen wie vom anderen Stern. Hier bleiben wir jedenfalls entspannt .- wie sonst eben auch.

Homeoffice oder: Wenn du zum Arbeiten nicht mal mehr ’ne Hose anziehen musst

Das Corona-Virus hat uns ereilt – also irgendwie nicht so richtig, denn wir sind hier schließlich noch immer auf’m Dorf. Immerhin waren aber in der nächsten Stadt H-Milch, Konserven und Klopapier kurzzeitig knapp und wir hockten soweit möglich größtenteils im Homeoffice.

Für alle, die das selbst noch nicht erlebt haben: Homeoffice ist, wenn du zum Arbeiten nicht mal mehr ’ne Hose anziehen musst, wenn die Verpflegung trotz erster coronabedingter Lebensmittelknappheit um Längen besser ist, als in der Kantine des Büros und wenn Du Dir fragen stellst wie: „Ist es eigentlich ein Arbeitsunfall, wenn ich jetzt mit dem Laptop aus’m Bett falle?“ Hört sich eigentlich ganz gut an, könnte man meinen?

Sooooo witzig und toll wie gedacht ist das aber irgendwie bei näherer Betrachtung leider gar nicht: Ich wollte in meiner (zugegeben nicht allzu langen) Homeoffice-Zeit wirklich gern „richtig“ arbeiten, denn es nervt tierisch, wenn man seinen Kram nicht wie geplant fertig kriegt, weil von den Leuten, mit denen man dringend Absprachen treffen müsste, die eine Hälfte nicht erreichbar ist und die andere Hälfte gerade andere Sorgen und Nöte hat als das, was mein Job vorsieht.

Weil der Pandemie-Modus im Grunde fast überall gleich ist, sind die Leute überall anders halt auch im Homeoffice – und das ist das nächste Problem: Da kommt der eine mit seiner Technik nicht klar, der andere hat keinen Handyempfang – Telefonkonferenzen sind an der Tagesordnung und „Hallo?! Hört ihr mich?“ ist der Satz, der am häufigsten fällt… und schon merkt man mal, wie produktiv man sonst eigentlich ist.

Ich hatte in der ganzen Sache noch viel Glück… Sozialpädagogen sind vielseitig einsetzbar, und so saß ich nach zwei halben Tagen Homeoffice übergangsweise an einem anderen Arbeitsplatz… was das Problem mit meinem eigentlichen Job nicht löste, denn alle anderen waren nach wie vor zu Hause, normales Arbeiten war nicht möglich und irgendwie war’s trotzdem blöd, obwohl ich was Sinnvolles zu tun und wieder ein richtiges Büro hatte.

So langsam kehrt hier jetzt Normalität ein… viele Leute sind wieder erreichbar, die ersten größeren Meetings und Veranstaltungen können wieder geplant werden und ich hoffe, dass wir uns nicht döschig genug anstellen, um den ganzen Tanz nochmal durchziehen zu müssen.

Eins aber ist völlig klar: Mein ursprünglicher Traum vom Homeoffice ist ausgeträumt… das ist eindeutig eins dieser Dinge, die nur von weitem gut aussehen… so wie Erwachsenwerden oder Obst im Essen oder so.

Bring Service

„Wo bekomme ich am Samstag Abend meine Pizza her?“ lautete die Frage des neuen Nachbarn. Ich habe wohl etwas verständnislos geguckt. Der Nachbar kommt vom Dorf. Der müsste es doch wissen. Bring Service ist hier etwas, was so selten ist, wie ein Krokodil im Garten. Also es gibt das schon, aber eben nur ein bisschen, oder manchmal oder wenn man rechtzeitig bestellt.

Daran hat auch die Krise nichts geändert. Das Sterben der Gasthöfe gerade auf dem Land ist schon so weit fortgeschritten, dass man nur wenig Solidarität zeigen kann, indem man einen Bring- oder Holservice nutzt.Und einen Stammtisch kann man einfach nicht in eine virtuelle Umgegend versetzen. Der Sinn eines Stammtisches ist ja auch, dass man eben nicht zu Hause ist. Dort wartet nur der Garten, der Rasen, der angefangene Schuppenbau oder das ungeputzte Bad. Das alles kann die ein oder zwei Stunden Stammtisch auch weiter warten. Es ist also nicht das Essen oder das Getränk, was einen in die Dorfkneipe lockt, sondern eher das Neuste. Hier laufen die Fäden so zusammen, wie im kleinen Konsum. Man erfährt, wer die neuen Nachbarn sind, wessen Kinder auf der Strohmiete geturnt haben oder wann die Mülltonne vor die Tür muss. Dafür gibt es einfach keinen Ersatz.

Muss ich jetzt doch kochen? Vielleicht – ist die klare Antwort. Bring Service erfordert hier etwas Kreativität. Der nächste Döner ist im besten Fall 12km entfernt. Das ist dicht genug, um einen halbwegs vernünftig temperierten Döner zu Hause essen zu können. Um das zu nutzen, muss man wissen, wer dort in der Nähe arbeitet und wann derjenige Schluss hat. Es bedarf also einiger Planung, um dann mal eben zu telefonieren und den Transport zu organisieren. Dabei muss der eigene Hunger sich an den Zeitplan des Fahrers halten. Alternativ kann man sich auch Pizza bringen lassen, wenn man denn 25,00 Euro Mindestumsatz macht. Da heißt es die Nachbarn zusammentrommeln, damit sich die Fahrt lohnt. Allerdings ist der einzige Pizza-Service, der das hier anbietet, nicht so sehr lecker. Was sehr lecker ist, aber sich strickt an einen festen Zeitplan hält, ist das Essen auf Rädern. Das sind hier nicht die Großküchen, die kochen, sondern die kleinen, dörflichen Gaststätten. Und die richten sich nach den Abnehmern, die es am häufigsten nutzen – den Rentnern. Da heißt es dann: Zwölf ist Mittag. Das ist lecker und gesund, nur leider nix, wenn einem am Abend die Lust am Kochen fehlt.

Am schönsten ist es, wenn man die Nase in den Wind steckt und den Nachbarn besucht, bei dem es am leckersten riecht. Dann klingelt man mal und bei der Bemerkung „Wir essen gerade.“ antwortet man nicht „Ich weiß!“, sondern schlagfertig „Oh – ich hatte heute noch nichts.“ Normalerweise wird hier überall so viel gekocht, dass es problemlos für einen oder zwei überraschend auftauchende Gäste auch noch reicht. Und oft genug sieht man die Erleichterung in den Augen der anderen Bewohner, die davon befreit werden, am nächsten Tag die Reste essen zu müssen. Dumm nur, wenn man am Restetag kommt. Es reicht noch, ist aber eben nicht ganz das Original.

So bleibt schlussendlich nur die Vorratswirtschaft. Wir haben eine große Truhe und eine extra Speisekammer, so dass auch Platz ist für die schnellen Essvarianten. Das geht genau so schnell wie der Bring Service und spart auch noch Geld. Dazu kommt eine Gastro-Friteuse, die uns darin unterstützt volles Fastfood-Feeling zu bekommen. Die ganze Bude stinkt nach Fett und die Waage zeigt ein Kilo mehr an.