„Wo bekomme ich am Samstag Abend meine Pizza her?“ lautete die Frage des neuen Nachbarn. Ich habe wohl etwas verständnislos geguckt. Der Nachbar kommt vom Dorf. Der müsste es doch wissen. Bring Service ist hier etwas, was so selten ist, wie ein Krokodil im Garten. Also es gibt das schon, aber eben nur ein bisschen, oder manchmal oder wenn man rechtzeitig bestellt.
Daran hat auch die Krise nichts geändert. Das Sterben der Gasthöfe gerade auf dem Land ist schon so weit fortgeschritten, dass man nur wenig Solidarität zeigen kann, indem man einen Bring- oder Holservice nutzt.Und einen Stammtisch kann man einfach nicht in eine virtuelle Umgegend versetzen. Der Sinn eines Stammtisches ist ja auch, dass man eben nicht zu Hause ist. Dort wartet nur der Garten, der Rasen, der angefangene Schuppenbau oder das ungeputzte Bad. Das alles kann die ein oder zwei Stunden Stammtisch auch weiter warten. Es ist also nicht das Essen oder das Getränk, was einen in die Dorfkneipe lockt, sondern eher das Neuste. Hier laufen die Fäden so zusammen, wie im kleinen Konsum. Man erfährt, wer die neuen Nachbarn sind, wessen Kinder auf der Strohmiete geturnt haben oder wann die Mülltonne vor die Tür muss. Dafür gibt es einfach keinen Ersatz.
Muss ich jetzt doch kochen? Vielleicht – ist die klare Antwort. Bring Service erfordert hier etwas Kreativität. Der nächste Döner ist im besten Fall 12km entfernt. Das ist dicht genug, um einen halbwegs vernünftig temperierten Döner zu Hause essen zu können. Um das zu nutzen, muss man wissen, wer dort in der Nähe arbeitet und wann derjenige Schluss hat. Es bedarf also einiger Planung, um dann mal eben zu telefonieren und den Transport zu organisieren. Dabei muss der eigene Hunger sich an den Zeitplan des Fahrers halten. Alternativ kann man sich auch Pizza bringen lassen, wenn man denn 25,00 Euro Mindestumsatz macht. Da heißt es die Nachbarn zusammentrommeln, damit sich die Fahrt lohnt. Allerdings ist der einzige Pizza-Service, der das hier anbietet, nicht so sehr lecker. Was sehr lecker ist, aber sich strickt an einen festen Zeitplan hält, ist das Essen auf Rädern. Das sind hier nicht die Großküchen, die kochen, sondern die kleinen, dörflichen Gaststätten. Und die richten sich nach den Abnehmern, die es am häufigsten nutzen – den Rentnern. Da heißt es dann: Zwölf ist Mittag. Das ist lecker und gesund, nur leider nix, wenn einem am Abend die Lust am Kochen fehlt.
Am schönsten ist es, wenn man die Nase in den Wind steckt und den Nachbarn besucht, bei dem es am leckersten riecht. Dann klingelt man mal und bei der Bemerkung „Wir essen gerade.“ antwortet man nicht „Ich weiß!“, sondern schlagfertig „Oh – ich hatte heute noch nichts.“ Normalerweise wird hier überall so viel gekocht, dass es problemlos für einen oder zwei überraschend auftauchende Gäste auch noch reicht. Und oft genug sieht man die Erleichterung in den Augen der anderen Bewohner, die davon befreit werden, am nächsten Tag die Reste essen zu müssen. Dumm nur, wenn man am Restetag kommt. Es reicht noch, ist aber eben nicht ganz das Original.
So bleibt schlussendlich nur die Vorratswirtschaft. Wir haben eine große Truhe und eine extra Speisekammer, so dass auch Platz ist für die schnellen Essvarianten. Das geht genau so schnell wie der Bring Service und spart auch noch Geld. Dazu kommt eine Gastro-Friteuse, die uns darin unterstützt volles Fastfood-Feeling zu bekommen. Die ganze Bude stinkt nach Fett und die Waage zeigt ein Kilo mehr an.