Mädchenarbeit

Als ich ein Teenager war, da war ich der festen Überzeugung, dass es keine gesellschaftlichen Unterschiede gibt, zwischen Männern und Frauen. Emazipation brauchte man, meiner Meinung nicht mehr, denn schließlich durften schon alle Mädchen das, was Jungs auch durften. Frauenrechtler und Frauenrechtlerinnen waren für mich retro oder wie man damals noch sagte „altmodisch“.
Die Lebenserfahrung hat mich eines besseren belehrt und die Statistik gibt mir recht. Ganz praktisch verdienen Frauen immer noch schlechter als Männer und werden bei Beförderungen benachteiligt. Sie werden in diversen Berufen immer noch gemobbt. Und Mädchen werden immer noch in typische Mädchenberufe gedrängt. In typischen Männerberufen werden sie für inkompetent gehalten und müssen sich durch doppelt so gute Arbeit beweisen. Traditionen halten sich unglaublich lange und werden von allen Geschlechtern gleichermaßen erhalten.

Traditionen und Gewohnheiten geben ja auch Sicherheit. So war es früher einfach: Das mit dem Kleid ist ein Mädchen und der mit der Hose ein Junge. Man kann das immer noch auf den Piktogrammen auf den Toiletten in aller Welt erkennen. Alternativ findet man dort höchstens mal lange Haare und kurze Haare und in wenigen Ausnahmen die Zeichen für männlich und weiblich. Letzteres erkennt aber nicht jeder, so dass man besser auf das Röckchen und die Beine zurückgreift, wenn man sicher gehen will, dass sich die männliche Bevölkerung nicht auf das falsche Klo verirrt. In Schweden sind einfach alle Toiletten Gender (so weit mir bekannt ist, ist das der korrekte Ausdruck für jegliche Geschlechterzuordnung). Lösungen können manchmal so einfach sein.

Weniger einfach ist das mit der Arbeit. Automechanikerinnen sind immer noch die Ausnahme und auch im Physikstudium, sind Frauen eher selten. Wobei Physikstudenten per se schon einen Seltenheitswert haben. Schönheit, Sauberkeit, Sozialkontakte – das sind die Richtungen in die Frauen unbewusst gedrückt werden. Naturwissenschaften überlässt man eher den Männern, bis auf die Medizin. Dort braucht es bald eine Männerquote. Die Krankenkassen wollen das sicher nicht ändern, denn Frauen erhalten immer noch weniger Gehalt und fordern leider auch nur selten eine Erhöhung. Die häufigsten Argumente lauten dann: „Mir ist meine Arbeit viel wichtiger als das Geld.“ oder „Ich möchte keine Unruhe ins Team bringen.“, aber auch „Ich habe dafür sehr gute Arbeitsbedingungen.“ Ich denke, das alles kann man haben und mehr Geld außerdem. Die monetäre Wertschätzung ihrer Tätigkeit, ist nicht so ausgeprägt.

Schwierig ist es aber auch mit den Tätigkeitsfeldern von Frauen bei der Arbeit, die üblicherweise als „betriebsnotwendig“ in den Arbeitsverträgen bezeichnet wird, und beinhaltet, dass gefegt wird oder auch mal ein Fenster geputzt. Während ersteres für Männer noch als akzeptabel gilt, wird letzteres nur Frauen aufs Auge gedrückt. Dabei gibt es unzählige ganz hervorragende professionelle Fensterputzer. Bei betriebsnotwendigen Nebentätigkeiten ist das aber auf einmal eine typische Mädchenarbeit, genau so wie Wischen, Klo putzen oder Kaffee kochen. Und tatsächlich lassen sich Frauen für den Kaffe tatsächlich aus der Besprechung entfernen, anstatt empört mit dem Finger auf den Azubi, Abteilungsleiter oder jemand anderen, männlichen Anwesenden zu zeigen und zielsicher festzustellen, dass diese Menschen da auch kompetent sind. Frauen, die die Kaffeesache im Griff haben, werden übrigens nicht mehr gefragt, ob sie ihn holen würden.

Die Aufteilung der Arbeitswelt in Mädchen- und Jungsarbeit ist traditionell immer noch so üblich, dass häufig weder Frauen noch Männer das überhaupt bemerken. Und wenn man darauf hinweist, dann erntet man schon mal böse Blicke, weil sich die Menschen bedroht fühlen, wenn nicht alles „so ist wie immer“. Auch wenn das einzig sichere im Leben die Veränderung ist, ist sie doch genau das, was die meisten Menschen nicht möchten, selbst wenn sie davon profitieren.

Wir werden noch Jahrzehnte daran knabbern Traditionen anzupassen. Und wenn wir es denn geschafft haben Mädchen- und Jungsarbeit abzuschaffen, dann wird es andere Schubladen geben, in die wir uns stecken.

10 Gründe, alte Fahrzeuge zu fahren

1. Man kann alles selbst reparieren. (Okay – das muss man im Wesentlichen auch, da einen die Werkstatt mit solchen Klöttern üblicherweise vom Hof jagt, aber das widerspricht dem ja nicht: Man KANN alles selbst reparieren.) Aus diesem Grund ist auch die Mitgliedschaft im Automobilclub des jeweils geringsten Misstrauens im Grunde unnötig: Entweder, das Ding lässt sich mit Bordmitteln oder notfalls mit einem Anruf beim Kumpel („Bring mir doch bitte mal eben einen…“) selbst zumindest notdürftig zur Weiterreise überreden, oder aber, man fährt eh erstmal längere Zeit nirgendwo hin.

2.& 3.

Diese beiden guten Gründe, alte Fahrzeuge zu fahren, sprechen für sich selbst.

4. Man muss nicht erst eine Bedienungsanleitung lesen, die dicker ist, als die Bibel, um mit dem Gerät den Hof zu verlassen: Nichts piept, und stroboskopartige Leuchtattacken in den Anzeigen bleiben ebenfalls aus, es herrscht eine wunderbar friedvolle Stimmung im und um das KFZ.

5. Der ständig wechselnde Umgang mit den unterschiedlichsten Schaltungen mit Betätigungen an den lustigsten Stellen und anderen speziellen Bedienelementen, die sich aus irgendwelchen Gründen zumindest teilweise nicht durchgesetzt haben, hält das Hirn auf Trab.

6. Man kauft sich ein Fahrzeug und kauft gleich mehrere Hobbys mit: Fahren, schrauben, sich auf Treffen und Oldtimermärkten herumtreiben – all das gehört schnell dazu zum „Projekt Oldie“.

Apropos Hobby: Ich kann täglich unter Zuhilfenahme meines Hobbys zur Arbeit fahren – welcher Golfer, Schach-Enthusiast oder Kampfhäkler kann das schon von sich behaupten? Und so spart man noch Zeit und Geld, wenn man sich ausreichend Mühe gibt, sich die Sache schön zu reden: Zur Arbeit müsste ich ja ohnehin, und so ist das Hobby im Grunde inklusive.

7. Man erhält ein Stück Geschichte – im Grunde fährt man mit automobilem Kulturgut spazieren, das ist aus diversen Gründen wunderschön.

8. Die Leute freuen sich – im Dienst-VW des Arbeitgebers winkt mir nie einer zu… bin ich allerdings im Trabi unterwegs, ist das keine Seltenheit, und so führte das Blinken, Aufblenden, Hupen und Winken anderer Verkehrsteilnehmer anfangs nicht nur einmal dazu, dass ich meine komplette Beleuchtungseinrichtung überprüft habe.

9. Man kommt im Grunde einem Bildungsauftrag nach – wer von den jungen Leuten heutzutage weiß denn noch, warum man Gemisch tankt? Hantiert man also an der Tankstelle mit Messbecher und Ölkanister oder rührt (völlig unnötigerweise, aber es geht halt) den Tankinhalt mit der Tankanzeige um, die im Wesentlichen aus einem Stöckchen mit Zahlen drauf, das man in den Tank tauchen und hernach den Füllstand ablesen kann, besteht, kann man sich relativ sicher sein, nicht lange allein an seiner Zapfsäule zu sein.
Aber auch unbehelligtes Einkaufen gestaltet sich bisweilen schwierig: Eigentlich findet sich immer irgendwer mit Interesse an dem Fahrzeug, der „nur schnell eine Sache fragen möchte“ und mit dem man sich dann 1,5 Stunden auf dem Parkplatz unterhält (nicht selten kommen im Laufe der Zeit weitere Personen hinzu).

10. Wenn ich das Blech von meinen Kerzensteckern abmontiere, kann ich im Vorbeifahren Euer Fernsehprogramm umschalten – da geht also unter Umständen sogar mehrfach was in Sachen Bildungsauftrag.