Mein Volk

Bienen wurden als Haustier jahrzehntelang eher stiefmütterlich, ja sogar furchteinflößend, behandelt, bis die Medien die Biene entdeckten. Auf einmal ist sie die Werbeträger für eine intakte Natur schlechthin. Und inzwischen weiß auch der letzte, dass die Erde mit der letzten Biene sterben wird.

Ob ich nun aufgrund der medialen Präsenz zum Imkern gekommen bin oder ob es der innere Wunsch war, etwas dem Bienensterben entgegen zu setzen, weiß ich nicht. Mein offizielles Argument ist jedenfalls, dass ich ein Hobby gesucht habe, das mehr Geld einbringt, als es kostet und das ich ausüben kann, wenn ich sehr alt bin. Die Chancen, dass zu erreichen, sind recht gut. Immerhin sind die Mitglieder in den Imkervereinen im Schnitt alt und sparsam.

Ganz gleich, warum ich mir das Hobby Imkern ausgesucht habe, es macht sich gut in privaten und beruflichen Gesprächen. „Du hast Bienen? Das finde ich ja toll. Die sterben ja bald aus.“ Mit Bienen steht man ein bisschen in der Öko-Ecke, aber nicht so ganz. Es ist ein domestiziertes Haustier, das einen Gewinn abwirft oder abwerfen könnte, wenn man es besser macht wie ich. Somit ist man ein bisschen der Plantenretter, der auf dem Boden der Tatsachen bleibt.

Inzwischen habe ich Völker kommen und gehen sehen, Honig und Wachs geerntet, festgestellt, dass es auch junge Imker gibt und mich gefragt, wie öko ich wirklich bin. Mein Volk – aktuell sind es tatsächlich drei Völker, aber eines ist mir das Liebste – steht vor meiner Haustür. Vermutlich ist es nicht wichtig warum, sondern nur, dass es einfach da ist.

Und mal so ganz ökonomisch und nicht ökologisch bemerkt: Ab Mitte Juli kann Honig wieder käuflich erworben werden.

Igelstation

Als ich hier hergezogen bin, war so ziemlich das erste, womit Tinki mich konfrontierte die Aussage, dass man sich hier „an allerlei Getier im und ums Haus gewöhnen müsse“. Nun, das fiel mir bei einem Großteil der Mitbewohner auf dem Hof nicht schwer: Auf einem Ponyhof zu wohnen ist mit eigenem Pferd (beziehungsweise mittlerweile mit eigenen Pferden) im Grunde das Paradies, ich mag eigentlich fast alle Hunde, und dass die Nachbarskatze mir hin und wieder vor die Tür scheißt, ist halt nicht zu vermeiden.

Spinnen, Mäuse und Ratten sind da ein anderes Thema, aber gegen all das kann man etwas tun – nur gegen Igel war irgendwie kein Kraut gewachsen.

Und so kam es, dass ich schon in meinem ersten Winter hier den ersten Igel fand… zu klein, zu leicht, im Winter wach und damit bestimmt nicht gesund genug, um bis zum Frühjahr zu überleben. Was also tun? Am einfachsten wäre es gewesen, das Tier bei der nächstgelegenen Igelstation abzugeben… allerdings ergaben Recherchen, dass diese erstens zig Kilometer weit entfernt und zweitens telefonisch nicht zu erreichen war.

Nun gut… selbst ist die Frau. Mittlerweile weiß ich, wie das mit dem Entwurmen funktioniert, was ein Igel frisst, was ein Igel braucht und dass Nachbarn mit Hunden immer ein Mittel gegen Flöhe und Zecken im Haus haben, womit man auch einen Igel wirkungsvoll behandelt kriegt, und mit diesem Wissen war ich plötzlich die ortsansässige Igelstation.

Zur Zeit ist eigentlich keine Saison für sowas, aber heute fand der Nachbarshund ein Tier, welches sich im Heu meiner Pferde versteckt hatte:

Frisch entfloht und augenscheinlich in Ordnung darf dieser stachelige Kollege noch heute Nacht wieder ausziehen.

Dieser stachelige Freund wurde sodann gegen Flöhe und Zecken behandelt und wartet nun, wo ich nach einer kleinen Heu-Umstapel-Aktion sicher sein kann, dass es kein Muttertier ist, auf das seine Jungen warten (was sehr früh und ungewöhnlich, in warmen Sommern aber nicht ausgeschlossen gewesen wäre), vorübergehend mit Wasser und Futter versorgt auf den Einbruch der Dunkelheit, um mit einer weiteren kleinen Futter-Ration für heute Nacht im Wald ganz in der Nähe wieder ausgesetzt zu werden.

In diesem Sinne: Viel Erfolg beim Schnecken fangen!

Wer bin ich?

Es ist die Frage aller Fragen. Die Frage nach der Existenz, dem Dasein und vermutlich auch dem Sinn der ganzen Sache. Ich könnte jetzt sagen 42, aber irgendwie ist das auch unbefriedigend und kann durchaus zu Problemen im Universum führen.

Ich werde mich also auf die einfachen, banalen Dinge meines Daseins beziehen, damit man eine Schublade findet, in die man mich stecken kann. Das soll angeblich Ängste vermindern und den sozialen Frieden wahren. Außerdem ist es traditionell so üblich. Ansonsten kann man ja die Schublade „Tinki“ erstellen. Da passe ich dann auf jeden Fall rein.

Ich bin der Dorfi des Blocks – aufgewachsen auf dem Dorf, nur mal kurz am Stadtrand gewohnt und seit Jahren wieder jwd (janz weit draußen) beheimatet, wo sich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen. Wobei es eher Igel sind, weil die Hasen aufgrund der Chinaseuche hier fast ausgestorben sind.

Neben meiner Berufstätigkeit habe ich dörfliche Hobbies, wie Garten, Bienen, Pferde, Hunde oder auch mal andere Tiere, je nachdem, was mir hier über den Weg läuft. Daneben verbringe ich noch Zeit mit realen Sozialkontakten. Ich halte nämlich noch sehr viel von dem Schnack über den Gartenzaun, dem Stammtisch in der Kneipe oder der Teilnahme an Vereinssitzungen.

Ich hoffe du hast eine Schublade gefunden oder erstellt. Schubladen sind ja nicht statisch. Ich lasse mich auch gerne umsortieren.

„Wir werden Sie benachrichtigen, sobald Ihr(e) Artikel versandt wurde(n).“

Aus völlig rationalen Gründen hat es mich vor einer Weile aufs Dorf verschlagen… da kann man beispielsweise ganz hervorragend nahezu unbehelligt in der Nähe seiner Pferde wohnen. Außerdem ist es deutlich unwahrscheinlicher, dass einem die Küche wegschwimmt, weil der Typ, der in der Platte über einem wohnt, in seinem Drogenrausch nicht mitbekommt, dass seine Waschmaschine die ganze Bude unter Wasser gesetzt hat, um an dieser Stelle nur zwei Gründe für diese Entscheidung zu nennen.

Nun hat das Ganze neben den zahlreichen Vorteilen allerdings auch einige Nachteile, und mit einem davon möchte ich mich in diesem Artikel beschäftigen.

Apropos Artikel – mit Artikeln hat das Ganze (wie die Überschrift bereits verriet) zu tun: Die Rede ist vom Einkaufen. Zwar gibt es hier im Ort einen Dorfladen, der sogar ab und zu geöffnet hat, aber für den alltäglichen Spezialbedarf einer ehemaligen Wahl-Fast-Großstädterin ist das nichts. So trug es sich zu, dass ich zum Laden des Akkus eines Musikgerätes zur inwändigen Beschallung meiner nicht mit einem Radio ausgestatteten Fahrzeuge ein Spezialkabel aus der Raumfahrttechnik benötigte – so fühlten sich die Beschaffungsversuche dieses Kabels jedenfalls an.

Zunächst kontaktierte ich die Kette, zu der das Geschäft gehörte, das in der nächsten Kleinstadt das Gerät, auf das eigentlich sogar noch Garantie war, verkauft hatte, zwischenzeitlich aber geschlossen hatte – die Antwort war unbefriedigend: Ich sollte das Gerät in die nächste, 30 km entfernte Stadt bringen, um es von dort aus zum Hersteller einschicken zu lassen und hätte es dann wieder abholen können – vermutlich mit einem Zettel, dass Kabel nicht unter die Garantie fallen, und apropos fallen – das fiel natürlich aus.

Ich versuchte dann mein Glück in eben jener bereits genannten Kleinstadt, aus der das Gerät stammte, denn dort gab es eine neue Elektronik-Bude, die bereits mit einer elektrisch betriebenen Kaffeemühle weiterhelfen konnte, nachdem ich in der ganzen Stadt keine handbetriebene hatte finden können. Die Aussage zu dem Kabel war: „Hamwa nich, geh mal zur Handybude.“

Da stand ich nun vor einem Geschäft, vor dem sich in meiner langjährigen Wahlheimat zwielichtige Typen und Hipster mit Hornbrillen und zu kurzen Hosen versammelt hätten – alleine. Auch in der Bude war nichts los, und ein freundlicher Mitarbeiter teilte mir sein Bedauern mit, mir nicht helfen zu können. Schade.

Lange Rede, kurzer Sinn: Auch in mehreren anderen Geschäften sah es nicht besser aus, so dass ich das Kabel bestellt habe. Im Internet. Bei einem bekannten, internationalen Online-Kaufhaus. Für ganze 8,89 € wird dieses Spezialprodukt elektrotechnischer Ingenieurskunst also nun (begleitet von mehreren E-Mails, wo sich das Ding gerade befindet, wann es vermutlich da ist und was ich unbedingt noch alles kaufen sollte) bis vor meine Haustür geliefert werden, und ich bin somit also mit daran schuld, dass der Einzelhandel vor Ort ausstirbt. Außerdem werde ich vermutlich über kurz oder lang die Kontrolle über meine Finanzen und überhaupt über mein Leben verlieren – bis dahin habe ich aber wahrscheinlich so ein Smart-Home, in dem mein Kühlschrank heute online bestellt, was ich morgen dann unweigerlich essen werde oder so… und ein Kabel zum Laden meines Musikröddels für im Auto, alles bestellt im Internet.

Warum mondscheintomate.de?

Nachdem ich eines Nachts damit fertig war, meine Tomaten zu säen, stellte ich gemeinsam mit meiner Nachbarin (von der hier hoffentlich auch bald was zu lesen sein wird – Tinki, wo bleibst Du??) fest, dass das nächtliche Säen von Tomaten eigentlich nicht das ungewöhnlichste ist, was hier auf dem Hof läuft.
Mondscheintomaten – wenn man die wenigstens zu Geld machen könnte? Kann man wahrscheinlich wieder nicht und ist wohl auch eine dieser doofen Ideen, die wir hier eigentlich zuhauf haben. Aber man kann sich wenigstens die URL mal sichern und darunter bloggen, denn eigentlich lässt der Titel ja schon darauf schließen, was einen hier erwartet: Ungeschönte (und zum Teil bestimmt ungewöhnliche) Geschichten von Pferden, Fahrzeugen, nachts gesäten Tomaten und dem, was das Leben sonst so bietet… auch bei Mondschein. Herzlich willkommen!