Baustellenampel on tour

Wenn man in Mecklenburg-Vorpommern eine Baustellenampel in die Schaufel vom Radlader stellt und damit langsam losfährt, fahren alle Autofahrer langsam hinter der roten Ampel her. Im Grunde war das der moderne Rattenfänger von Hameln, nur nicht in Hameln… und er hatte keine Flöte, sondern besagte eine Baustellenampel, die den Job der Flöte allerdings offensichtlich leidlich erfüllte.

Ich kann doch nicht die einzige sein, die das lustig findet?

Lernen vom Schrauber-Druiden

Ein Schrauber zu sein ist ein bisschen, als sei man ein Magier oder eine Hexe. Es gibt einen Haufen geheimes Wissen im Bund der ölfingerigen Hexenmeister und niemand, der nicht zum inneren Kreis der Schrauber gehört, wird dieses Wissen jemals durch Zufall erlangen.

Das ganze läuft nämlich folgendermaßen ab: Als junger, unerfahrener Schrauber-Novize mühst Du Dich an irgendeinem Scheiß an Deinem Vehikel ab, während irgendein Schrauber-Druide Dich beobachtet, für in irgendeiner Form würdig empfindet und beschließt, dass er heute gute Laune hat. Er nähert sich daraufhin der Szenerie und beginnt seinen Satz mit „Hör mal…“ oder „Guck mal…“ und dann tust Du wirklich gut daran, zu hören, zu gucken oder am besten gleich beides, denn was nun folgt, ist Schrauber-Geheimwissen und wird Dein Leben nachhaltig verändern!

Schon in relativ jungen Jahren lernte ich auf diese Art und Weise, wie man zwei Schraubenschlüssel derart ineinander verkeilt, dass man sie wie einen langen verwenden und damit entweder eine festsitzende Schraube lösen oder sich die Finger brechen kann. Ich weiß auch, wie man eine Schraube oder oft auch nur den festsitzenden Rest einer solchen mit einem Hammer und einem Meißel entfernt und ich kann im Grunde sämtliche Flüssigkeiten, die sich in einem motorbetriebenen Fahrzeug befinden, voneinander unterscheiden – die meisten übrigens tatsächlich am Geschmack.

Auf diese Art und Weise habe ich in den letzten Jahrzehnten einiges an Spezialwissen, das in keinem Buch zu finden ist, erlangt. Das meiste empfinde ich wahrscheinlich gar nicht als solches… das wird einem immer erst wieder bewusst, wenn man ein Nichtmitglied des Geheimbunds der Schrauber mit Werkzeug hantieren sieht und plötzlich wieder mit großer Dankbarkeit seinen Lehrmeistern gegenüber erfüllt ist.

Wie man selbst nun solch ein Schrauber-Druide wird? Ich weiß es gar nicht. Wird man sich irgendwann darüber bewusst, welcher Teil seines Erfahrungsschatzes nun Spezialwissen ist? Kommt da irgendwann jemand vorbei und verleiht einem eine Urkunde? Gibt es irgendeinen geheimen Wettbewerb, zu dem man eines Tages eingeladen wird und sein Können unter Beweis stellen muss? Ich kann mir das alles nicht so recht vorstellen. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass das selbst die Druiden nicht so genau wissen und man einfach irgendwann zu jemandem geht und einen Satz beginnt mit: „Guck mal…“

Grillzangen-Action am Parkscheinautomaten

Ich treibe mich ja relativ viel im Internet herum – wahrscheinlich mehr, als das eigentlich gut für mich wäre. Es ist also nicht verwunderlich, dass ich vor gar nicht allzu langer Zeit auf ein Video stieß, in dem zu sehen war, wie jemand vergleichsweise döschig an einen Parkscheinautomaten heranfuhr und den von diesem abgesonderten Parkschein mit einer Grillzange entnahm. Nun tun ja relativ viele Leute relativ viele unnötige Dinge, wenn man mal so in dieses Internet oder auch in seine Umgebung im real life schaut, aber ich dachte, dieser wirklich große Quatsch müsse nun wirklich ein Internet-Phänomen sein… im wirklichen Leben würde sowas wohl niemals jemand machen, weil der ganze Move viel umständlicher ist, als einfach wie ein Mensch dicht genug an den Automaten heranzufahren.

Ja, das dachte ich.

Hold on.

Es begab sich eines schönen Tages, dass ich mit einer an dieser Stelle aus Datenschutz- und weiteren Gründen namentlich nicht genannten Person nach Rostock zur Kunsthalle fuhr. Also – sie fuhr, ich saß daneben und hatte mich gleichermaßen für das Entertainment wie für blöde Kommentare als zuständig erklärt… das muss schließlich auch jemand machen. In und an der Kunsthalle selbst war auch noch alles relativ unaufregend… Kunst halt und’n recht schmuddeliger Herbsttag, was will man erwarten?

An sich ganz schön so in und an der Kunsthalle- zumindest vom Park davor habe ich Euch sogar ein Foto mitgebracht.

Doch sämtliche meiner Erwartungen an den Tag sollten ausgerechnet im Parkhaus, welches wir in Vorbereitung auf die Nahrungsaufnahme in einem Sushirestaurant meines relativ geringen Misstrauens aufsuchten, übertroffen werden: An der Einfahrt ins Parkhaus dachte ich noch, na, ob sie da jetzt richtig schäbig ranfährt und einen halben Stunt aus dem Fenster hinlegt? Allerdings fuhr die Fahrerin relativ unangestrengt an den Parkticketokolyten heran und während ich noch einzuschätzen versuchte, ob das wohl passen würde, zog sie aus irgendeiner Ritze des Fahrzeugs tatsächlich eine Grillzange durchschnittlichen Ausmaßes. Ich hatte noch gar nicht realisiert, wo das Ding auf einmal hergekommen war und was dann geschah, da war die Zange schon samt des von ihr eingesammelten Gutes wieder im Kraftfahrzeug und wir hatten mit selbigem ohne weitere Zwischenfälle die Schranke passiert.

Wilde Nummer.

Laut Anwenderin ist das Ding allerdings noch ein bisschen rutschig – es muss wohl noch eine Gummierung vorgenommen werden und als ich meine Sprache wiedergefunden hatte, konnte ich dazu dann auch wieder eine relativ gute Idee äußern. Wenn das Teil also optimiert ist, kann ich es für Euch vielleicht mal im Einsatz filmen- immerhin bin ich jetzt darauf vorbereitet und außerdem wollen wir wenn’s passt eigentlich nächstes Jahr wieder in die Kunsthalle.

Sport auf dem Land

Gerade bin ich etwas verblüfft. An mir lief einE JoggerIn vorbei. Es gibt Gegenden, wo das niemanden überrascht. In einem Dorf ist das ein seltsames Hobby. Vielleicht war es jemand, der hier Urlaub macht.

Tatsächlich gibt es auch im Dorf Bewohner, die Sport treiben. Das findet dann am Sonntag Vormittag als Fussball statt. Wir haben auch einen Beachball-Platz, der vom vor-vor-letzten Kinderfest übrig geblieben ist und manchmal auch genutzt wird. Aber sonst fällt mir kein Sport im Dorf ein, der im öffentlichen Raum stattfindet. Ungenutzte Sportgeräte in den Häusern gibt es vermutlich reichlich.

Sportliche Betätigung im ländlichen Raum findet im Garten, auf dem Heimweg oder beim Heimwerken statt. Es gibt immer was zu tun und das meiste davon hat mit körperlicher Bewegung zu tun. So gibt es die gesetzlich vorgeschriebene Bewegung beim Reinigen des Rinnsteins, dem Schnee schippen und dem Mähen des Grasstreifens der Gemeinde. Es gibt die sozial erzwungenen Bewegungen beim Fußweg zu Feierlichkeiten. Und dann noch die vielen anderen Dinge, wie Gartenpflege, Reparaturen, Versorgung des Tierbestandes oder Entsorgung der Grünabfälle.

Sportliche Betätigung im ländlichen Raum hat eigentlich immer etwas mit einem Eimer und einer Schubkarre zu tun. Ich bin wirklich sehr verwirrt, warum man ohne diese Ausstattung durch das Dorf läuft.

Vom Mauerfall vor 33 Jahren und einem sehr langen Trabi

Vor drei Jahren postete ich anlässlich des 30. Jubiläums des Mauerfalls den folgenden Text… heute nun wurde ich darum gebeten, diesen Beitrag öffentlich zu machen. Das werde ich auf einem privaten Social-Media-Profil aus Gründen nicht tun… aber wozu gibt es eigentlich Mondscheintomate? Hier passt der Text schließlich auch hin, und überhaupt passt er bis auf die Tatsache, dass der Mauerfall sich heute schon zum 33. Mal jährt, eigentlich noch viel besser als vor drei Jahren:

30 Jahre Mauerfall – und ein „Ossi“ hat nichts Besseres zu tun, als ein Foto von einem „Ostauto“ zu posten? Ich erzähle Euch was: Dieses Foto wäre ohne die Öffnung der Grenze wohl aus diversen Gründen nie entstanden. Heute vor 30 Jahren war ich mit meiner Familie unterwegs von Ost- nach Westdeutschland – nicht jubelnd und feiernd in Berlin, sondern auf der Fähre, weil wir kurz zuvor geflüchtet sind. Wir waren unterwegs mit nicht viel mehr als dem, was wir am Leib hatten – und ebenfalls mit einem Auto aus DDR-Produktion. Ohne die Öffnung der Grenzen wäre ich also heute wohl nicht mit einem „Ostauto“ auf dem Gebiet der ehemaligen DDR unterwegs gewesen – freiwillig.

Der „Trabi XXL“: „Ostauto“ im Großformat

Das Auto auf dem Foto ist nach der Wende so umgebaut worden, wie es jetzt ist: Im Rahmen eines Sozialprojektes mit Jugendlichen, die sonst keine Perspektive hatten. Dann haben diese jungen Leute es mit ihrem Auto bis ins Guinnessbuch der Rekorde und sogar bis in die zugehörige Fernsehshow nach Bayern geschafft – ob das zu DDR-Zeiten möglich gewesen wäre? Ich denke nicht.

In diesem Sinne: Bitte gebt mit mir gemeinsam auf unsere Demokratie acht! Gebt niemandem die Chance, einen Keil zwischen uns, die hier die besten Chancen haben, friedlich miteinander zu leben, zu treiben! Hört auf mit „Ost“ und „West“, mit „Schwarz“ und „Weiß“ und was weiß ich, was man für Gründe finden kann, andere aus Prinzip scheiße zu finden! Lasst uns einfach miteinander Menschen sein – wir haben noch genug zu tun, wenn wir wenigstens das einigermaßen hinbekommen wollen.

Weiterführende Links:

Zum Trabi XXL des MC LWL

Zum Mauermuseum – Museum Haus am Checkpoint Charlie

Zur Themenseite des NDR zum Mauerfall

Die Schubkarre

Nur mal so mulitkulti vorne weg: in Österreich heißt die Schubkarre „Scheibtruhe“. Ansonsten meine ich das Gerät, was vorne ein Rad hat (das gibt es auch mit zwei Rädern) und hinten zwei Füße und oben drauf eine Wanne. Auf der Seite der Füße gibt es zwei Griffe, mit denen man die Karre anheben kann und dann geht es vorwärts.

„Kannste Karre schieben, kannste Arbeit kriegen.“ (Sprichwort meines Vaters) Ich vermute ja, dass die Schubkarre gleich nach der Erfindung des Rades kreirt worden ist. Sie ist jedenfalls das Multifunktionstool schlechthin. Ganz gleich, was man transportieren will, fast alles passt irgendwie in oder auf eine Schubkarre. Das macht sie bei uns auch zu potentiellen Lagerplätzen. Wir haben fünf Schubkarren und gefühlt ist jede Karre voll. Bis auf die Karre mit dem platten Rad. Das ist die Achillesferse der Schubkarre – das Rad. Handelsüblich wird die Karre mit einem Reifen mit Schlauch innen ausgeliefert. Das fährt sich schön, geht aber leider auch kaputt. Aber Schubkarrenliebhaber haben das unkaputtbare Rad erfunden. Es ist aus Vollgummi und ihm machen keine gefährlichen Untergründe was aus. Dafür hoppelt die Karre etwas mehr. Das gibt sich aber, wenn man schwere Dinge transportiert.

Die Schubkarre ist aus dem Blickfeld des Städters verschwunden. Das liegt vermutlich daran, dass man sie nicht zusammenfalten kann. Sie nimmt auch viel Platz im Eingangsflur weg. Außerdem ist sie schnell mal geklaut. Auch in der Stadt kann jeder eine Schubkarre gebrauchen. Wenn man die Schubkarre in den Kofferraum eines Autos packen könnte, dann wäre jedes Landei bei Ikea sofort zu erkennen – es käme mit der Schubkarre.

Für die Schubkarre gibt es ein paar angepasste Designs und Tools. Bei den Pferdeleuten ist die Karre sehr groß und hat vorne zwei Räder. Außerdem gibt es dann eine Kippfunktion. Und mit einem Motor kann man sie auch kaufen. Der durchschnittliche Gartenbesitzer schiebt aber selbst. Man muss nicht lange üben, um durch schmale Gänge und über Hoppelpisten zu kommen. Und wenn es sich nicht um die alte DDR-Karre handelt, kann man sie auch mal eben hochheben, um das Ziel zu erreichen. Ansonsten hat sich an dem Aussehen der Schubkarre, seit ich denken kann, nichts verändert. Es gibt einfach Dinge, deren Funktionalität und Design einfach so perfekt sind, dass sie bleiben wie sie sind.

Mehr Strom

Früher war das wohl anders. Also anders mit dem Strom auf dem Land. Überhaupt war vor 50 Jahren Strom ein kann und kein muss. Heute geht alles mit Strom. Wenn man will kann man sogar die Tür mit Strom öffnen, die Kinder mit Strom wecken lassen und dem Hund mit Strom sein Futter geben. Und da ist kein Unterschied mehr ob Stadt oder Land.

Auf dem Land ist es aber einfacher seinen Strom selbst zu produzieren. Es gibt so kleine Windräder, die nicht mal eine besondere Zulassung brauchen. Allerdings nimmt eventuell der örtliche Stromvertreiber den überschüssigen Strom nicht ab, weil diese Dinger irgendein Zertifikat nicht haben oder potentiell gefährlich sind. Die ganz alte Sache mit dem Göpel hat schon damals nicht funktioniert. So ein Göpel wird durch Pferdekraft am Laufen gehalten. Das ist nicht besonders pferdeschonend, weil die Pferde ständig im Kreis laufen müssen. Und sehr effektiv ist es auch nicht, weil so ein Göpel auch nicht viel Strom produziert. Photovoltaik, also Solarplatten sind hingegen unproblematisch. Bis 30kW muss der örtliche Stromvertreiber einem den Strom sogar abkaufen. Der Preis dafür ist demnächst allerdings nicht mehr festgenagelt. Und da kann es sein, dass man als Mini-Produzent mit Mini-Beiträgen abgespeist wird. Wie im richtigen Leben sonst auch, also gefühlt.

Wir produzieren unseren eigenen Strom. Und wir würden gerne mehr produzieren. Aber das bezahlt einem ja keiner. Ich frage mich, warum man als Befürworter der Energiewende mit dem Willen zu Solarplatten auf dem Dach und Windrädern im Garten, erstmal selbst bezahlen muss. Und auf jeden Fall trägt man das Risiko alleine. Mit ein bisschen Glück bekommt man die Kosten für die Anlage nach 20 Jahren wieder raus. Der Aufwand für das angemeldete Gewerbe, die Umbaukosten am Haus oder eventuelle Schäden, die man dem Hersteller nicht in die Schuhe schieben kann, bleibt an einem selbst hängen. Irgendwie ist das ganze nicht durchdacht. Und da steigt auch der kleine Gedankenteufel auf, dass es vielleicht von manchen nicht gewollt ist.

Ich hätte jedenfalls Dachflächen zu verpachten. Als Zahlung nehme ich gerne den Strom in dem Moment ab, wo er produziert wird. Hat jemand Interesse?

Mein Auto bleibt

Ich schiebe gleich vorweg, dass ich auf hohem Niveau jammere, wenn ich es denn tue. Ich stelle aber mal wieder fest, dass man sich das Leben auf dem Land leisten können muss. Wenn der Städter auf billigen Wohnraum auf großer Fläche schaut, vergisst er häufig, dass die Kosten an anderer Stelle entstehen.

Aktuell entstehen die Kosten an der Zapfsäule. Ich bin schon vorher ein Auto gefahren, dessen Wert sich bei einer Tankfüllung verdoppelt hat, jetzt verdreifacht er sich. Zum Glück lässt sich mein Tankdeckel abschließen, ansonsten würde ich mich beim Parken an der Straße nicht sicher fühlen. Zum Glück steht das Auto die meiste Zeit auf dem Hof. Und jetzt steht es eben noch ein bisschen mehr. Das ist dem Auto vorher schon nicht so gut bekommen, aber ich will auch nicht unnötig den kostbaren Sprit verfahren. Jetzt geht es darum genau Pläne zu schmieden, wenn eine Fahrt in die Stadt ansteht. Der regelmäßige Termin beim Physiotherapeuten wird selbstverständlich mit dem Einkauf verbunden. Wenn ich es geschickt anstelle, dann kann ich sogar noch eine Freundin besuchen. Schwieriger ist es mit anderen Arztterminen. Bei den Ärzten hat man ja kaum die Wahl eines Termins, sondern muss nehmen was man bekommt. Um so wichtiger ist es dann seinen Einkaufszettel aktuell zu haben und die Arbeitszeiten der FreundInnen im Blick. Zum Glück kann man Freizeitangebote online checken, so dass auch hier Kombinationspotential ist. Da schafft man es vielleicht zur Demo nach dem Arzt.

Und wie ist es mit alternativen Fortbewegungsmitteln? Eine Influenzerin hat passend bemerkt, dass ein Pferd immer noch teurer ist als ein Auto. Da hat sie recht. Außerdem ist die Infrastruktur der Städte einfach nicht mehr auf Pferde ausgelegt. Das Fahrrad ist flexibel, schnell und kostengünstig (also bis auf den Kauf). Aber ich bin wetterfühlig und unsportlich. Und spätestens beim Lastentransport verliert das Fahrrad. Das wäre nur etwas für den Freizeitbereich. Was ist mit den Öffis? Hier fährt jede Stunde ein Bus, wenn ich es rechtzeitig anmelde. Wenn ich mich recht erinnere, sogar bis Abends um sieben. Die Transportmöglichkeiten sind auch hier begrenzt und hoher Spritpreis hin oder her – es ist immer noch teurer mit dem Bus als die 20km mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Je größer die Entfernung, desto eher lohnt sich der Umstieg. Die 150km in die Großstadt sind mit der Bahn jetzt deutlich billiger. Das klappt aber nicht von der Haustür aus. Oder besser gesagt, das ist extrem umständlich. Doch es rechnet sich auch noch, wenn man zur nächsten Bahnstation mit dem Auto fährt und von da aus umsteigt.

Ergo – mein Auto bleibt.

Petition für schlechte Straßen

Aus aktuellem Anlass möchte ich hier eine Petition erstellen, die sich dafür einsetzt, dass mindestens 10 Prozent der Straßen in einem miserablen Zustand sein sollten.

Die Straßenqualität lässt sich in drei Stufen teilen. Die erste Stufe ist eine gute Straße: Es gibt keine Löcher, der Belag ist glatt, die Straße ist breit genug für zwei Trecker nebeneinander. Die zweite Stufe sind Straßen im Zustand „geht so“. Diese Straßen haben keine Löcher, der Belag darf schon mal wellig sein oder geflickt, Bankette sind ausgefahren, weil man großen Fahrzeugen ausweichen muss. Die dritte Stufe sind Straßen mit Löchern, Flicken, die das Auto wackeln lassen und weggebrochene Bankette. In diese Stufe gehören auch Straßen mit Kopfsteinpflaster.

Nach meinem subjektivem Erkenntnisstand sind die meisten Straßen in Deutschland Stufe zwei. Ich setze mich dafür ein, dass 10% der Straßen der Stufe drei erhalten bleiben.

Begründung: Schlechte Straßen verleiten dazu langsamer zu fahren. Auf schlechten Straßen schlafen Kinder im Auto deutlich besser. Schlechte Straßen bedeuten ausreichend Arbeit für KFZ-Werkstätten. Daran hängen im folgenden auch die Zulieferer. Und seit neuestem weiß ich auch, dass schlechte Straßen, Pferden das Leben retten. Mein Pony hatte ein Darmproblem, dass zu starken Schmerzen führte. Das nennt man Kolik. Mit Hilfe von Medikamenten und einer längeren Fahrt über Straßen der Stufe drei, konnte die Kolik gelöst werden.

Der Strich

In Zeiten des Corona-Virus ist ja für viele Menschen vieles anders, und auch für mich hat sich natürlich etwas geändert. Im Wesentlichen ist das zur Zeit mein Arbeitsweg.

Ich weiß also gar nicht so genau, wie lange die Sache mit dem Strich vorher schon ging, aber bereits vor geraumer Zeit kündigten sich auf meinem temporären Arbeitsweg sogenannte „Markierungsarbeiten“ an – auf Normaldeutsch: Die wollten da’n Strich auffe Straße malen.

Nun weiß man irgendwann aus Erfahrung, wie die durchschnittsdeutsche Baustelle zumindest für Außenstehende zu funktionieren scheint: Da kommen welche und stellen Schilder auf, nur wenige Wochen später stellt dann irgendwer Maschinen dazu und dann passiert offensichtlich zunächst ein halbes Jahr lang gar nichts, bis die Straße dann komplett gesperrt wird und irgendwann auch mal irgendwer mit irgendwelchen Arbeiten beginnt.

Nicht so im Fall von „unserem“ Strich.

Schon wenige Tage, nachdem sie angekündigt waren, begannen sie – die Markierungsarbeiten. Fleißige Menschen haben zunächst die Straße vermessen und irgendwelche Behelfsmarkierungen auf selbige gepinselt, bis es dann eines Tages soweit war: Zwei Mann waren auf so’ner Strichmalklötter unterwegs (einer fuhr das Ding, der andere hatte ’ne Kippe im Mund und schien im Wesentlichen damit beschäftigt, den Strichmalvorgang zu beobachten). Der gesamte Versuchsaufbau stank übrigens entsetzlich.

Woher ich das so genau weiß? Nun ja – ein jeder konnte Zeuge dieses Srichmalvorgangs werden, denn neben den Schildern warnte nur ein Mensch in orangenen Klamotten vor den „Markierungsarbeiten“.

Persönlich.

Jeden einzelnen – denn er hielt jedes Fahrzeug an und forderte mit Nachdruck ein, dass jeder Autofahrer die Scheibe herunterließ, um dann mit engelsgleicher Stimme zu äußern: „ABER NICHT ÜBER DEN STRICH FAHREN, DEN HAMWA GERADE NEU GEMACHT!!“

Ein „Ich riech’s…“ konnte ich mir wohl gerade noch verkneifen, nicht aber ein: „Dann wisst Ihr ja jetzt, wie’s geht!“

Und unter diesen widrigen Umständen malte und miefte man dort unbeirrt vor sich hin, vermalte sich wohl auch hier und da (oder ist gar trotz der freundlich vorgetragenen Bitte, davon Abstand zu nehmen, etwa jemand über den Strich gefahren? Auf einer Straße wie der mit dem Strich, die zum großen Teil von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die im Allgemeinen etwas breiter sind, als der Durchschnitts-PKW, genutzt wird, wäre dies ja zumindest nicht völlig abwegig…) und malte dann in schwarz wieder über, wo ein Strich war, aber keiner sein sollte… und nun isser wohl fertig, der Strich.

Beispielbild eines Striches – Abbildung ähnlich

Besonders schön ist er halt nicht geworden, besonders gerade auch nicht, und irgendwie fehlt hier und da ein Stück, aber immerhin ist er ein Unikat, ein Kunstwerk von Menschenhand geschaffen – und ich durfte quasi live dabei sein, den Strich in seinem Werden beobachten, Erfolge und Misserfolge unmittelbar miterleben… ich war im Grunde Teil des Strichmalvorgangs, und zweimal täglich darf ich dieses Wunderwerk deutscher Fahrbahnmarkierungskunst nun bewundern… das ist ja auch was für die Seele, und das alles wäre mir nie vergönnt gewesen, hätte man einfach’n halben Tag die Straße gesperrt!

Ich werde sicher noch sehr oft an ihn denken, wenn ich wieder in meinem eigentlichen Büro arbeiten kann, und bestimmt fahre ich ihn auch mal besuchen, denn ein zartes Band aus Strichmalduft und den warmen Worten des freundlichen Bauarbeiters verbindet uns… mich und „meinen“ Strich.