Fixtermin

Auf dem Dorf ist man ja nicht ganz weit weg vom normalen Leben. Eben eigentlich nur ein bisschen. Also so kommt es mir vor. Wir fahren in den Discounter zum Einkaufen, haben Telefon und hier tatsächlich auch Internet (schneller als in so mancher Großstadt übrigens). Es gibt Nachbarn mit denen man gut kann und solche, die man eigentlich gar nicht kennt, vor allem, wenn sie noch nicht so lange hier wohnen.

Und es gibt – jedenfalls, wenn man Amazon glauben darf, die Belieferung am nächsten Tag. Da gab es sogar mal eine Werbung mit Gummistiefeln dazu. Also so etwas braucht man ja eigentlich nur auf dem Land am nächsten Tag. Tatsächlich klappt das manchmal auch. Nur ich frage mich ernsthaft, was denn so dringend sein kann, dass man es am nächsten Tag unbedingt braucht. Hier auf dem Dorf ist man üblicherweise so ausgestattet, dass der nächste Besuch in der Stadt auch problemlos auf nächste Woche oder den nächsten Monat verschoben werden kann. Eine Gefriertruhe, ein großer Kühlschrank (besser zwei), eine Speisekammer, Brennholz, einige Batterien und einen Kanister Diesel hat man immer stehen. Was könnte also so dringend sein, dass es am nächsten Tag unbedingt da sein muss?

Wenn also meine Ware am nächsten Tag angeliefert wird. Brauche ich das wirklich? Dann doch schon eher den Fixtermin. Wohnen auf dem Land bringt ja in den meisten Fällen, arbeiten in der Stadt mit sich. Anders gesagt: Man ist nicht unbedingt zu Hause. Ich selbst habe das Glück, meine Arbeit vor der Haustür zu haben, aber damit bin ich die Ausnahme. Und damit bin ich die „kleine Poststation“ in der Straße. Ich nehme Pakete, Einschreiben oder ganze Paletten für mich und die Nachbarn an. Es hat sich da ein System entwickelt, bei dem ich ein Foto des Gutes oder des Briefes per Messengerdienste (verschiedene Nachbarn, verschiedene Dienste) schicke. Das ist gut für mein Ego, weil sich fast alle freuen. Die gelben Briefe sind nicht so beliebt, aber nicht alles im Leben macht eben Spaß. Der Fixtermin ist dann für das Zeug, was nicht nur angeliefert wird, sondern auch noch persönlicher Betreuung durch den Empfänger bedarf. Dazu zählen Sofas, die gleich aufgebaut werden oder Heizungen, die mit Einbau gekauft wurden. Fixtermine braucht hier auch der Schornsteinfeger oder der Wasserableser.

Am Ende ist es eine Organisationsfrage. Man sollte gut vorbereitet sein und einen Nachbarn haben, der das Paket annimmt. Den Rest kann man dann mit Hilfe von Fixterminen abfrühstücken.

Corona-Special Teil 1: How to Mund-Nasen-Bedeckung

Das Tragen einfacher Mund-Nasen-Bedeckungen (auch „Behelfsmasken“) ist zur Zeit vielerleiorts zu bestimmten Anlässen Pflicht. Wir bei mondscheintomate.de möchten in diesem Blogpost gemeinsam mit ein paar unserer Hofbewohner zeigen, worauf es dabei ankommt:

1. Aus einem (alten) T-Shirt lässt sich problemlos eine Behelfsmaske basteln:

Für eine Bauanleitung aber bitte nicht bei Frau Pferd nachfragen, sondern mal im Internet gucken – dort finden sich gute Anleitungen

2. Statt einer Maske kann man auch ein Tuch oder einen Schal tragen:

So bitte nicht, Herr Pferd: Auch Schal oder Tuch sollten natürlich Mund und Nase… Maul und Nüstern… na wie auch immer, halt die vorhandenen Öffnungen abdecken

3. Sofern es auch bei Euch wieder Küchenrollen zu kaufen gibt: Findige Leute haben auch daraus oder aus Servietten, Gummibändern und einem Tacker eine Einweg-Maske gebaut, die nicht viel kostet und sicher auch für ein paar Minuten Tröpfchen abhalten kann:

So wird das aber nichts, Frau Pferd: Zwar hat sie wieder eine Küchenrolle, aber an Gummibänder und den Tacker hat sie nicht gedacht

4. Kinder vor dem Schuleintritt oder Menschen, die dies aufgrund ärztlich bescheinigter Erkrankungen oder Einschränkungen nicht können, müssen laut der bei uns geltenden Verordnung keine Maske tragen:

So ist es – bei uns – richtig: Mutti trägt eine Maske, Baby noch nicht – bitte informiert Euch aber selbst über die in Eurer Gegend geltenden Regelungen

5. Das Einhalten des richtigen Abstandes ist trotzdem geboten!

Das gilt natürlich nicht in Fällen wie dem von Frau Pferd und ihrem Partner Herrn Pferd: Wer zusammen wohnt, darf natürlich auch weiterhin zusammen am Frühstückstisch sitzen… oder an der Raufe stehen…

In diesem Sinne: Bleibt gesund und fröhlich!

Eure Mondscheintomaten-Mädels und -Hühs

DISCLAIMER: Beim Verfassen dieses Blog-Eintrags samt Fotoshooting kamen natürlich weder Mensch noch Tier zu Schaden – wir hatten nur gemeinsam viel Spaß (natürlich im gebührenden Abstand) und es gab einige Extra-Möhrchen und Leckerlies dafür, dass unsere Ponys den kleinen Spaß so toll mitgemacht haben.

Der Strich

In Zeiten des Corona-Virus ist ja für viele Menschen vieles anders, und auch für mich hat sich natürlich etwas geändert. Im Wesentlichen ist das zur Zeit mein Arbeitsweg.

Ich weiß also gar nicht so genau, wie lange die Sache mit dem Strich vorher schon ging, aber bereits vor geraumer Zeit kündigten sich auf meinem temporären Arbeitsweg sogenannte „Markierungsarbeiten“ an – auf Normaldeutsch: Die wollten da’n Strich auffe Straße malen.

Nun weiß man irgendwann aus Erfahrung, wie die durchschnittsdeutsche Baustelle zumindest für Außenstehende zu funktionieren scheint: Da kommen welche und stellen Schilder auf, nur wenige Wochen später stellt dann irgendwer Maschinen dazu und dann passiert offensichtlich zunächst ein halbes Jahr lang gar nichts, bis die Straße dann komplett gesperrt wird und irgendwann auch mal irgendwer mit irgendwelchen Arbeiten beginnt.

Nicht so im Fall von „unserem“ Strich.

Schon wenige Tage, nachdem sie angekündigt waren, begannen sie – die Markierungsarbeiten. Fleißige Menschen haben zunächst die Straße vermessen und irgendwelche Behelfsmarkierungen auf selbige gepinselt, bis es dann eines Tages soweit war: Zwei Mann waren auf so’ner Strichmalklötter unterwegs (einer fuhr das Ding, der andere hatte ’ne Kippe im Mund und schien im Wesentlichen damit beschäftigt, den Strichmalvorgang zu beobachten). Der gesamte Versuchsaufbau stank übrigens entsetzlich.

Woher ich das so genau weiß? Nun ja – ein jeder konnte Zeuge dieses Srichmalvorgangs werden, denn neben den Schildern warnte nur ein Mensch in orangenen Klamotten vor den „Markierungsarbeiten“.

Persönlich.

Jeden einzelnen – denn er hielt jedes Fahrzeug an und forderte mit Nachdruck ein, dass jeder Autofahrer die Scheibe herunterließ, um dann mit engelsgleicher Stimme zu äußern: „ABER NICHT ÜBER DEN STRICH FAHREN, DEN HAMWA GERADE NEU GEMACHT!!“

Ein „Ich riech’s…“ konnte ich mir wohl gerade noch verkneifen, nicht aber ein: „Dann wisst Ihr ja jetzt, wie’s geht!“

Und unter diesen widrigen Umständen malte und miefte man dort unbeirrt vor sich hin, vermalte sich wohl auch hier und da (oder ist gar trotz der freundlich vorgetragenen Bitte, davon Abstand zu nehmen, etwa jemand über den Strich gefahren? Auf einer Straße wie der mit dem Strich, die zum großen Teil von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die im Allgemeinen etwas breiter sind, als der Durchschnitts-PKW, genutzt wird, wäre dies ja zumindest nicht völlig abwegig…) und malte dann in schwarz wieder über, wo ein Strich war, aber keiner sein sollte… und nun isser wohl fertig, der Strich.

Beispielbild eines Striches – Abbildung ähnlich

Besonders schön ist er halt nicht geworden, besonders gerade auch nicht, und irgendwie fehlt hier und da ein Stück, aber immerhin ist er ein Unikat, ein Kunstwerk von Menschenhand geschaffen – und ich durfte quasi live dabei sein, den Strich in seinem Werden beobachten, Erfolge und Misserfolge unmittelbar miterleben… ich war im Grunde Teil des Strichmalvorgangs, und zweimal täglich darf ich dieses Wunderwerk deutscher Fahrbahnmarkierungskunst nun bewundern… das ist ja auch was für die Seele, und das alles wäre mir nie vergönnt gewesen, hätte man einfach’n halben Tag die Straße gesperrt!

Ich werde sicher noch sehr oft an ihn denken, wenn ich wieder in meinem eigentlichen Büro arbeiten kann, und bestimmt fahre ich ihn auch mal besuchen, denn ein zartes Band aus Strichmalduft und den warmen Worten des freundlichen Bauarbeiters verbindet uns… mich und „meinen“ Strich.

Hundebiss

Zum Hof gehört auch ein Hund. So war das früher und auch heute noch haben viele Leute im Dorf einen Hund. Die „Zugezogenen“ sind aber wohl eher aufs Land gezogen, damit sie endlich einen Hund haben können. Die Hunderassen haben sich damit auch verändert. In Norddeutschland war der typische Hofhund der Spitz. Er kläffte, zwickte und fing Ratten. Im Südosten von Deutschland hatte man mehr den Pinscher oder wenn es mehr Haare sein durften, den Schnauzer. Der Hovaward oder der Rottweiler sind weitere typische Hofhunde. Hofhunde waren schwarz, furchterregend, kläfften und hielten unerwünschte Besucher fern.

Heute hat man hohe Zäune, elektrische Tore und Videokameras. Somit haben sich die Aufgaben des Hofhundes verändert. Heute sollte der Hofhund familienfreundlich sein, er darf mit ins Haus und Kläffen ist unerwünscht, weil es die Nachbarn stört. Dafür sollte er leinenführig und im Gelände abrufbar sein. Heute ist der Ärger groß, wenn jemand gebissen wird, selbst wenn er sich unerlaubterweise auf das Grundstück begibt. Außerdem wird es von den Tierschützern nicht gerne gesehen, wenn ein Hund im Zwinger und auf dem Hof lebt und nicht mit ins Haus darf. Die Zwingerhaltung ist per Gesetz deutlich eingeschränkt worden. Der Hund im Haus ist eher eine gesellschaftliche Frage. Galt er vor 30 Jahren noch als dreckig, wird man heute angezählt, wenn er nicht wie ein menschliches Familienmitglied behandelt wird. Selbst Hunde, die noch ihren ursprünglichen Aufgaben nachgehen, sollen heute in den Augen der Uninformierten im Haus mit Familienanschluss wohnen. Ein Schutzhund für Schafe würde das wohl eher befremdlich finden.

Nichts desto trotz ist der Hund so anpassungsfähig, dass er heute problemlos den Job des Seelentrösters, Kindersatz, Sportgerät oder Statussymbol problemlos ausfüllt. Liebhaber von Hunden lassen sich in verschiedene Gruppen teilen und jede dieser Gruppen lästert über die anderen. Den Hunden ist das pupsegal. Sie machen ihren Job und die wenigsten Hunde leiden in größerem Maße darunter.

Dennoch bleiben sie Hund. Sie bellen, sie kacken, sie haaren, sie lecken sich an Stellen, von denen man nichts wissen will und mitunter beißen sie auch. Ich bin schon immer von Hunden gebissen worden. Ich liebe sie trotzdem und habe natürlich auch einen passenden Begleiter. (Um die Schublade zu bedienen: er ist niedlich, frech und total süüüüß. Das waren meine Wünsche an einen Hund und sie sind alle erfüllt.) Die Bisse waren nie so ernsthaft, dass genäht werden musste und auch wirklich immer war ich selbst schuld. Der letzte Biss ist gerade verheilt. Ich hatte versucht, mit allerbesten Absichten, den Hund einer Freundin hochzuheben. Ich weiß ganz genau, dass er das nicht mag. Die Folge davon war, dass meine Tetanus-Impfung jetzt ganz frisch ist. Und weil Ärzte geschäftstüchtig sind, war in der Impfdosis auch gleich Diphterie, Polio und noch irgendwas, was ich vergessen habe, mit drin. Vollschutz also! So hatte das Ganze auch was Gutes. Dem Hund habe ich das nicht krumm genommen.

Interessant finde ich die Hundephobien. Ich habe oft Ärger mit Hunden gehabt, aber selbst als Kind habe ich keine Ängste ausgebildet. Manche Menschen haben als Kind einen Hund in einem unglücklichen Moment (meistens große Hunde, die plötzlich auftauchen) getroffen und haben ihr Leben lang Angst vor Hunden. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Menschen, die vom Land kommen oder in der Stadt leben. Tatsächlich passiert das auf beiden Seiten. Die Anzahl der Hunde in Städten ist ja auch noch ungleich höher. Und ich denke nicht, dass sie irgendwo besser oder schlechter erzogen sind. „Der-tut-nix“ gibt es überall. In der Stadt wird es gerufen, auf dem Land wird das Hoftor offen gelassen. Beißen tun sie alle – manche nur nicht so oft und unterschiedlich schlimm.

Vorsicht ist beim Hund immer geboten. Und man ist klug, wenn man sich zuerst mit dem Besitzer darüber austauscht, ob man den Hund anfassen darf. Am besten fragt man auch noch, wie das passieren soll. Das beliebte „vorne über beugen“ ist bei Hunden besonders unbeliebt. In die Hocke gehen, führt allerdings bei unerzogenen Hunden dazu, dass man hinten über fällt. Noch besser ist es – und das ist mein liebstes – Hunde anderer Leute ganz in Ruhe lassen. Die Hunde am besten ignorieren. Das ist am entspanntesten und führt zu den geringsten Verletzungen.

Tick tack! Oder: Vom größten Vorteil einer konventionellen Armbanduhr

Vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich ja beschlossen, wieder eine Armbanduhr tragen zu wollen… ja, das Handy zeigt auch die Zeit an, aber nachdem es mal cool war, das kleinste Handy zu besitzen, als ich noch weniger grau war als heute, werden die Dinger nun immer größer. Diese Tatsache zusammen mit dem Fakt, dass ich mit meinem früheren Handy’n Loch in die Fliesen schmeißen konnte, wenn mir das Teil aus der Hand gedonnert ist und die neuen Plietschfons (das ist übrigens das offizielle Wort für „Smartphones“ op Platt, und ich finde, dieses Wort wird viel zu selten genutzt) zum größten Teil empfindliche Mimöschen sind, führt dazu, dass mein Handy im Grunde genommen sowas wie ein Festnetz-Telefon ist, das eigentlich immer an seinem Platz liegt… das bringt zur Zeitanzeige mal wenig bis nix.

Ich schweife ab.

Kommen wir zurück zur Uhr – die ich mir tatsächlich angeschafft habe, was im Grunde ein eigenes Kapitel von ’ner Menge zum Teil irgendwann genervten Leuten, unfreundlichen und wenig kompetenten Verkäuferinnen, Falschlieferungen, unpassenden Armbändern und einigen Reisen hätte wert sein könnte, wenn das jetzt nicht alles fast vergessen wäre – ich habe sie nämlich: Meine Uhr.

Und das übrigens, obwohl meine andere Hälfte mir wohl schon tausendfach unterstellt hat, ich hätte eine selbige gefressen, denn wenn man mich fragt, wie spät es ist, antworte ich gern sowas wie: „Sechzehn Uhr siebenunddreißig!“ Meist liege ich auch, wenn ich vor Stunden das letzte Mal auf die Uhr geguckt habe, nur um wenige Minuten daneben, wenn es mir gut geht, ich wenig Stress habe und seltsamerweise besonders dann, wenn ich mich an gewohnten Orten aufhalte. Schönes Talent also, das mir in den wenigsten Fällen mehr bringt, als dass es irgendwelche Leute beeindruckt, während es versagt, wenn’s wirklich wichtig ist.

Kommen wir aber von der „Story of my life“ abermals zurück zur Uhr:

Das beste daran, wieder regelmäßig’n Wecker am Arm zu tragen, ist – um das nochmal zusammenzufassen – jedenfalls nicht, dass man immer weiß, wie spät es ist… meistens hab‘ ich auch neben dem Telefon noch irgendein anderes Gerät in der Nähe, das das wüsste, weil man als Schreibtischtäterin auch, wenn man Singen und Klatschen studiert hat, meistens vorm Rechner sitzt. Gut – oft mit Wachsmalkreiden oder bunten Filzstiften (gelernt ist gelernt), aber dennoch vorm Rechner, und auch der weiß, welche Stunde geschlagen hat.

Das beste an ’ner Uhr ist auch nicht, dass ich das Teil irgendwie ganz schön finde oder dass es gar irgendwem auffiele: Die coolen Leute tragen heute offensichtlich so’ne Smartwatch und können auf der Uhr, die sie dann wie das Telefon dauernd aufladen müssen, dasselbe sehen, wie auf dem Telefon – der Sinn hat sich mir irgendwie nie erschlossen. Dass es überhaupt „richtige“, mechanische Uhren gibt, ist den meisten Leuten in meinem Alter gefühlt irgendwie gar nicht bekannt – mit irgendwas rumzuprollen, ist für mich allerdings in den seltensten Fällen ein Kaufkriterium für irgendwas, und wenn doch, dann nicht für Dinge, die ich zu neunzig Prozent unterm Pulloverärmel trage… wie dem auch sei: Der Coolness-Faktor ist da in meinen Kreisen irgendwie nicht so hoch und für mich eh in den seltensten Fällen ein Grund für irgendwas.

Nein – der wahre Vorteil einer „richtigen“ Uhr zeigt sich offensichtlich genau zweimal im Jahr: Normalerweise gucke ich zu Anlässen wie dem heutigen (ja – es ist mal wieder Zeitumstellung) nach dem Aufwachen wie die Kuh wenn’s donnert irritiert abwechselnd auf alle Zeitanzeiger, die mein Hausstand zu bieten hat – meist, um festzustellen, dass diese alle mehr oder weniger dieselbe Zeit anzeigen. Hat sich hier jetzt alles umgestellt oder gar nix? Immerhin hat der Funkwecker schlechten Empfang, Windows ist relativ neu aufgesetzt und das Telefon ist insgesamt noch ziemlich neu (empfindliche Mistdinger – Ihr erinnert Euch).

Nur heute war alles anders: Ein Blick auf die Uhr und der Sachverhalt war klar.

Nur stellen musste ich sie dann natürlich noch… aber dieser „Nachteil“ ist ja wie bereits beschrieben eigentlich der größte Vorteil.

Die Farbe der Klamotten

Ich habe sie schon lange nicht mehr geguckt – die Heimatfilme aus den 50iger Jahren. Wie die Oma noch lebte, da habe ich manchmal mit ihr vor dem Fernseher gesessen und mir die wundersamen Trachten des Schwarzwaldes angesehen oder die pixeligen Bilder der Villen in Mallorca oder Italien oder so. Es war immer eine schmalzige Liebesgeschichte. Und immer ging es irgendwie darum, dass die Stadtleute zu den Dorfleuten kamen und jeder dem anderen gegenüber verständnislos seiner Lebensweise gegenüber war. Für den Zuschauer waren die Stadtleute von den Landmenschen dadurch zu unterscheiden, dass die Stadtmenschen weiße Hosen und auch sonst helle Kleidung trugen. Die Menschen vom Dorf trugen gedeckte Farben in schwarz oder dunkelbraun.

Die Filme sind echt alt, aber manche Dinge ändern sich nie – und das sind die gedeckten Farben der Klamotten auf dem Land und die weißen Hosen der Stadtleute. Ich brauche nur in meinen Kleiderschrank gucken – alles braun, blau, schwarz oder irgendwas dazwischen. Die hellen Oberteile sind entweder selten getragen oder werden nur drunter angezogen. Besuche ich hingegen Freunde aus der Stadt, dann laufen die in hellen Hosen oder Kleidern rum. Manchmal bin ich neidisch und würde meine Kleidung auch gerne etwas bunter haben. Aber spätestens, wenn ich beim Laubharken den Dreck an den Beinen habe, komme ich zur guten alten schwarzen Jeans zurück.

Es ist einfach sinnlos auf dem Land helle Kleidung zu tragen. Selbst wenn man nur durch das Dorf spaziert, trifft einen das Wasser aus der Pfütze oder man wird von Nachbars Hund angesprungen. Auch bei Besuchen in der Nachbarschaft, wird auf der Hausbank Platz genommen, die schon Grünspan angesetzt hat und jede schöne beige Leinenhose auf ewig versauen würde. Es ist also kein trübes Grau, was ich trage, sondern eher das fröhliche Schwarz. Ich muss mich nicht umziehen, wenn ich das Pferd aus Nachbars Garten pflücke und brauche nicht nachdenken, wenn ich den Kerbel im matschigen Garten ernte.

Meine Versuche wenigstens bei Stadtbesuchen helle Kleidung zu tragen, ist auch nicht besonders erfolgreich gewesen. Ganz sicher bin ich es, die auf dem Parkplatz über den Grünstreifen stiefelt und den Matsch mitbringt. Und sicher treffe ich die Parkbank, die keiner benutzt, weil sie die helle Hose ruiniert. Da bleiben nur ein paar hellere Oberteile, die notfalls mit einer Weste kombiniert werden können und einige Kleidungsstücke, die ganz nette gedeckte Farben so kombinieren, dass es nicht langweilig wird.

Ansonsten ist es im Dorf ja auch kein Drama jeden Tag mit den gleichen Klamotten rum zu laufen. Die Leute kennen einen ja. Man trifft ja nicht jeden Tag andere und unbekannte Menschen. Und Eindruck schinden zu wollen durch Kleidung ist in einem Dorf sinnlos. Da freue ich mich, dass ich unseren Konsum mit Dreckstiefeln und ausgefranster Jacke betreten darf und niemand sich wundert.

Schwatz am Gartenzaun

Ein romantisches Bild im Dorf ist immer der Schwatz am Gartenzaun. Wo in der Stadt misstrauisch geguckt wird, weil man im Eingangsflur des Blocks steht und sich unterhält, gilt der Tratsch im Dorf als ortsüblich und erwünscht. Tatsächlich bleibt es oft nicht bei zwei Leuten, sondern der Nächste, der vorbeikommt, stellt sich dazu und trägt was bei.

Tatsächlich gibt es inzwischen unter den lustigen Sprüchen den Text:

Neulich ging ich zu meinem Nachbarn, um mir einen Liter Milch auszuleihen. Nach 2 Stunden kam ich nach Hause, total betrunken, aber ohne Milch.

Das passiert tatsächlich. Oder der Auflauf verbrennt im Ofen, weil man vom Hökschen aufs Stöckchen kommt.

Der Schwatz am Gartenzaun macht nicht nur Spaß, er hat auch eine wichtige soziale Funktion. Dafür sollte man sich Zeit nehmen. Wer seine Nachbarn kennt, der hat auch weniger Angst davor, dass sie ihm etwas Böses wollen. Und die können einem auch die Angst vor dem Übernachbarn nehmen, indem sie tratschen. Umgekehrt erfährt man so auch rechtzeitig, wer die falsche Flagge schwenkt oder wem man besser keine Versicherung abkauft. Am Gartenzaun gibt man ein bisschen von sich her und bekommt etwas zurück. Man muss die Dinge nicht auf die Goldwaage legen. Nirgendwo vergrößern sich Gerüchte so schnell wie am Gartenzaun. Aber das weiß jeder. Und wenn sich der nächste Skandal im Dorf anbahnt, dann wartet man mal ab und guckt, wie viel davon denn überhaupt wahr gewesen ist. Die Spekulation hält sich hingegen auch am Gartenzaun in Grenzen. Den Austausch von Tatsachen kann man es allerdings auch nicht nennen, denn jeder hat so seine eigene Wahrheit. Das ist die eine Nachbarin mal zickig und von der anderen Seite aus unglaublich hilfsbereit. Vermutlich ist beides wahr und wird nur unterschiedlich wahr genommen.

Nichts wird so wenig ernst genommen, wie der Gartenzauntratsch. Aber man ist „raus“, wenn man es versäumt sich über den Gartenzaun über das neuste Dorfgespräch zu informieren. Manchmal hört man wochenlang das Gleiche und dann hat man die Hälfte verpasst, wenn man nicht jeden zweiten Tag das Gespräch gesucht hat. Es gibt keine guten Ratschläge für den Gartenzaun. Man macht es sicher falsch und wenn man es nicht macht ist es auch falsch. Am besten nimmt man es mit Gelassenheit. Gut ist es auch mit jeder Partei zu tratschen. Jede Angelegenheit hat schließlich zwei Seiten und in manchen Dörfern sogar fünf.

Am Ende ist es gut zu wissen, dass das Zelt beim Nachbarn stand, weil dort der Polterabend seiner Tochter gefeiert wurde. Und es schadet auch nicht zu wissen, wessen Hund zur Zeit am häufigsten im Dorf spazieren geht und vor allem, wie der Hund drauf ist, wenn man ihn trifft. (Die meisten Dorfhunde sind übrigens außerhalb ihrer Grundstücke eher ängstlich und ausgesprochen ausgeglichen.) Es schadet auch nicht, wenn man weiß, wer vermutlich gerade knapp bei Kasse ist. So kann man je nach eigener Kassenlage demjenigen entweder auf dem nächsten Dorffest einen ausgeben und elegant ablehnen, wenn man angepumpt wird. Äußerst praktisch ist es, wenn man diejenigen kennt, die noch gärtnern und garantiert zu viele Bohnen, Zuchini oder Äpfel haben. Da staubt man im netten Gespräch mal eben frisches Obst und Gemüse ab. Dafür mäht man im Sommer mal das Grün vor dem Hof mit kurz. Ich weiß auch immer noch gerne, wie es unseren ganz alten Dörflern geht. Sie sind ja das eigentliche Herz eines Dorfes und kennen noch die alten Geschichten. Wenn es angemessen ist, kann man da gut mal seine Hilfe anbieten – am besten über den Gartenzaun.

Bewerbung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich weiß nicht einmal, wer genau Sie sind, und genau deshalb wende ich mich auf diesem Wege an Sie.

Bei Ihnen hat irgendjemand einen ganz großartigen Job, und falls dieser einmal frei werden sollte, möchte ich mich hiermit schon einmal initiativ darauf bewerben.

Die Rede ist von dem Menschen, der in einem Multicar mit Wassertank, von dem aus ein Schlauch in die Fahrerkabine führt, die Alleen hier in Westmecklenburg auf und ab fährt, den Schlauch aus dem Fenster hält und damit die Alleebäume bewässert.

Da ich zur Zeit in einem befristeten Projekt tätig bin, kann es auch bei mir irgendwann wieder einmal dazu kommen, dass ich mich beruflich neu orientieren muss – der Baumgieß-Job käme mir da so auf den ersten Blick wie gerufen: Als auf dem Dorf lebende Sozialpädagogin bringe ich neben meinen sozialen Kompetenzen eine Menge Naturverbundenheit mit – ich betreibe semifreiwillig jeden Winter wieder eine Igelstation und lebe mein Leben schon länger mit Pferden als ohne. Ein gewisses technisches Verständnis lege ich ebenfalls an den Tag – außerdem habe ich bereits DDR-Fahrzeug-Erfahrungen, bin täglich mit meinen Trabis unterwegs und bin somit im Grunde prädestiniert für den Job.

Sie möchten mich kennenlernen? Wir wollen darüber reden, was die Baumgieß-Tätigkeit im Winter mit sich bringt? Melden Sie sich gern in einem Kommentar und teilen Sie mir mit, wie ich Sie erreichen kann.

Ich freue mich schon jetzt, eventuell bereits in ein paar Jahren dieser gar meditativ anmutenden Tätigkeit nachgehen zu dürfen und verbleibe

mit bei teils über 10°C im Januar nahezu frühlingshaft-frisch-freundlichen Grüßen.

Nachts im Dorf

Gerade ist es passiert – die Nachbarin ein Pferd, mein Kind und noch ein Pferd und es ist Abend und schon kurz vor der Dämmerung und sie ziehen los – durchs Dorf.
Was erwartet einen, wenn man so am Abend oder Nachts durchs Dorf zieht? Es ist ja deutlich dunkler hier als in jeder Kleinstadt. Die Sterne sind noch zu sehen, obwohl schon die neuen LED-Straßenlampen am Wegrand stehen. Weil diese neuen Straßenlampen weniger Strom brauchen, brennen sie auch komplett die ganze Nacht durch. Früher wurde wenigstens noch die Hälfte davon abgeschaltet. Das verminderte die Lichtverschmutzung und ist gut für den menschlichen Schlaf und das tierische Nachtleben.

Das Kind und die Nachbarin hatten jedenfalls vorgesorgt und eine bunte Lichterkette um die Kutsche gewickelt. So ganz im Dunkeln sah es aus, als ob ein Weihnachtsbaum durch die Straßen läuft. Nur das Klepp-klepp-klepp der Hufe irritierte etwas. Vermutlich sind sie nicht allzu vielen Menschen begegnet. Eventuell ist die eine oder andere Gardine, wenn denn überhaupt eine vorhanden ist, hochgegangen. So wirklich üblich ist so ein fahrender Weihnachtsbaum im Dorf Nachts jedenfalls nicht.

Es wird ja gerne erzählt, dass im Dorf am Abend die Bürgersteige hochgeklappt werden. Immerhin hätten wir Bürgersteige, die man hochklappen kann. Hier noch ein Dank an die Bürgermeister, die dafür gesorgt haben. Die Bürgersteige sind nachts im Dorf durchaus lebensrettend, denn das Tempo der durchfahrenden Autos steigt. Die Lichtverhältnisse sind mit den LED Straßenlaternen zwar besser geworden, aber als Fußgänger oder Fahrradfahrer bleibt man besser auf dem Fußsteig, der bei uns offiziell nicht für Fahrräder erlaubt ist. Aber da ist man hier tolerant. Und es gibt durchaus auch Nachts überraschend Begegnungen. Wenn der Chor mit seinen Proben fertig ist oder die eine oder andere Feier sich dem Ende zuneigt, eilt der eine oder andere noch schnell nach Hause. Doch nach Mitternacht trifft man nicht mal mehr die Hunde. Jetzt huschen nur noch die Autos mit den Nachtarbeitern und Frühanfängern über die Straße. Und selbst die Discogänger am Wochenende tauchen frühestens morgens um sechs wieder auf. Die Partys dort beginnen ja oft erst nachts um eins.

Man kann also getrost das Fenster offen lassen beim Schlafen. Man wird nicht gestört durch laute Musik, Türen klappen oder Gelächter. Das ist der Vorteil von hochgeklappten Bürgersteigen. Einer der Gründe genau hier zu wohnen!

Häkel-Amnesie

Jeder, der mich oder Tinki oder gar uns beide kennt, hätte sicherlich vermutet, dass Tinki als erste von uns beiden… nein, eher zeitlebens als einzige von uns beiden zum Thema Handarbeit bloggen würde, doch weit gefehlt: Hier ist er, mein persönlicher Handarbeits-Beitrag auf mondscheintomate.de – ungeschönt, ehrlich und für den geneigten Leser irgendwie zum Fremdschämen.

Wer es sich einfach machen möchte, mag mir vorwerfen, ich sei halt keine „typische Frau“ – ich glaube, das ist es aber gar nicht. Zwar habe ich ein inniges, ja nahezu emotionales Verhältnis zu (vorwiegend uralter) Technik, mag alte Fahrzeuge, kann mit Flex, Bohr- und Drehmaschine zumindest für den erweiterten Hausgebrauch recht passabel umgehen und mache mir gern mal die Finger an Öl und Fett beim Schrauben dreckig, aber hey – aus diesen Fingern wachsen dafür recht lange, regelmäßig gefeilte und mit Nagelhärter etc. gepflegte Nägel! Okay, nur rechts und nur zum Gitarrespielen, aber immerhin könnte meine rechte Hand in einer Nahaufnahme problemlos die durchschnittliche Frau repräsentieren!

Wir schweifen ab – und zwar, weil es erbärmlich ist: Ich bin eine Niete in Handarbeiten, wirklich. Ich habe das nie gut gekonnt, habe mich deshalb noch nie tiefgreifender damit beschäftigt und werde es deshalb wohl auch nie können. Einen Knopf annähen – ja, das geht sicher gerade so (auch nicht schön – hält aber), aber sonst ist das Ganze eine echte Katastrophe.

Der Grundstein für die ganze Misere ward wohl bereits zu Grundschulzeiten gelegt: So sägte, feilte und schmirgelte ich (ich weiß es bis heute und hoffe, das Ding hat irgendwer aufbewahrt) ein echt tolles Männchen aus Holz, das an einem Reck turnte – als dem dann ein Anzug geschneidert werden sollte, verließen sie mich. Ein Schlüsselbrett in Form eines Elefanten war ebenfalls schnell gelaubsägearbeitet – das Teil hing dann noch gefühlt ein Jahrzehnt bei uns im Flur (und ich hoffe, das Ding hat irgendwer aufbewahrt) und war für die Arbeit eines Grundschulkindes echt passabel. Weiter ging es damit, dass wir so’nen kleinen Puppenhaus-Teppich (nur der liebe Gott wusste schon damals, was es wirklich darstellen sollte) weben sollten: Ich habe es nicht einmal gehasst, sondern vorurteilsfrei versucht, aber das wirklich hässliche Ergebnis (ich weiß es bis heute und hoffe, das Ding hat keiner aufbewahrt) war in seinem Verlauf sehr unterschiedlich dick, fest und breit – mehr wie ein Alligator, der mehrfach vom LKW überfahren worden war, als wie der Wohnzimmer-Bodenbelag von Barbie und Ken (und ja – auch DIE besaß ich).

Nun mag man sich darüber wundern – man mag auch sagen, man müsse ja nicht alles können, aber ich kann schon nicht tapezieren und war beim Ausprobieren am Saxophon schlechter, als ich es erwartet hätte, und so versuche ich mich etwa alle fünf bis zehn Jahre mal wieder an Handarbeiten, die über „so’n Knopf wirste ja wohl grad noch“, „Ob das auch mit Textilkleber geht?“ und „egal, sieht eh keiner“ hinausgehen. Dies erfolgt allerdings ausschließlich aus irgendeiner Notwendigkeit heraus (so’n Schal krieg ich NIRGENDS) und niemals, weil ich auf der Suche nach einem neuen Hobby bin (unvergessen bleiben wird mir eine frühere Arbeitskollegin, die Lebensmittel gehäkelt hat – ich bin sonst eher für praktische Dinge zu haben, aber das gehäkelte Spiegelei hat mich zumindest zu großen Teilen tatsächlich aus Bewunderung sprachlos gemacht), und so ist es nicht verwunderlich, dass mein Hirn diese frisch erworbenen Fähigkeiten nie länger als einige Wochen (also bis zur Fertigstellung oder Aufgabe des Projektes – einen Flughafen habe ich noch nie zu stricken versucht) behält. Ich leide im Grunde also an Häkel- und Strick-Amnesie, brauche jedes Mal jemanden, der mit mir den Anfang häkelt oder die Maschen aufnimmt, eskaliere dann nach einer kurzen Einweisung in die ganze Nummer mit Werkzeug und Wolle bis auf einzelne „Oh nein, Hilfe!!“s eine Zeit lang weitestgehend autark vor mich hin und brauche dann jemanden, der dieses Projekt mit mir beendet… nein, mich davon erlöst, obwohl ich das wirklich gern können würde. Das Stadium der Erlösung aus solchen Unterfangen ist übrigens sehr unterschiedlich – das reicht von der helfenden Hand beim Abketten (so heißt das glaube ich in der Fachsprache, wenn man am Ende seines Werkes die Maschen plangerecht von den Nadeln klöttert und dabei irgendwie immer anders was durch die Masche prökelt als sonst, weshalb ich das nie ganz kapiert habe?) bis hin zu „Ich hab mal in Deiner Abwesenheit ein paar Reihen weitergestrickt, sonst wirst du ja nie fertig!“ – heute bin ich sicher, dass meine damalige Strickbetreuung ausnahmslos alles, was ich in der Zwischenzeit fertiggebracht hatte, heimlich wieder aufgeröbbelt hatte, bevor sie es neu und „ein paar Reihen weitergestrickt“ hat, um den schalgewordenen (wie Winter-Schal, nicht wie Bier-schal) überfahrener-Alligator-Effekt vom Grundschul-Teppich zu verhindern: Seltsamerweise war mein „selbst“ gestrickter, schwarzer Schal am Ende nämlich wirklich sehr schön, obwohl ich zwischenzeitlich immer wieder einmal alligatoreske Tendenzen wahrnehmen konnte. Nun wären andere Teenies in meinem Alter sicher sauer gewesen, hätte jemand an ihrem Schal „ein paar Reihen weitergestrickt“ – ich war einfach froh und dankbar, als das Ding endlich fertig war.

Die oben angeführten fünf bis zehn Jahre sind übrigens so ziemlich jetzt wieder vergangen, meine Strick- und Häkel-Amnesie ist vollkommen und mich überkommt zusehends eine Unruhe wie einen Fisch, der sich aufmacht, um zum Laichen das Gewässer seiner Geburt aufzusuchen: Schon neulich dachte ich, wie schön so’n schwarzer, häkelstrickgeklöppelter Überwurf wäre, den ich mir über die Schultern schmeißen könnte, wenn trostlose Kälte sich zumindest gefühlt bis ins Büro breitmacht, doch besann ich mich auf mein diesbezügliches Talent (okay – es half, mir auszumalen, was die Kollegen von einem solchen, von mir erschaffenen Monster halten würden) und kaufte nicht einmal Wolle.

Nun aber bin ich mehr oder minder stolze Eigentümerin eines neuen Plietschfons („Smartphone“ op Plattdüütsch – ich möchte bitte, dass sich dieser Ausdruck durchsetzt und versuche hiermit, trotz meiner geringen Reichweite meinen Beitrag dazu zu leisten) und dachte mir, dass die gehäkelten Handyhüllen, die ich früher hatte, doch echt die besten waren. Kurz malte ich mir schon aus, wie ich da noch so’ne Ecke dranhäkeln würde, die man als Schutz oben umschlagen könnte, bis ich nicht ohne ein leises Seufzen das neue Telefon in einen Waschlappen steckte und beschloss, mir wohl doch noch so ein Silikon-Täschchen zu bestellen: Die Zeit ist noch nicht ganz reif für ein neuerliches Wolldesaster, doch die Einschläge kommen näher und näher.