Hundebiss

Zum Hof gehört auch ein Hund. So war das früher und auch heute noch haben viele Leute im Dorf einen Hund. Die „Zugezogenen“ sind aber wohl eher aufs Land gezogen, damit sie endlich einen Hund haben können. Die Hunderassen haben sich damit auch verändert. In Norddeutschland war der typische Hofhund der Spitz. Er kläffte, zwickte und fing Ratten. Im Südosten von Deutschland hatte man mehr den Pinscher oder wenn es mehr Haare sein durften, den Schnauzer. Der Hovaward oder der Rottweiler sind weitere typische Hofhunde. Hofhunde waren schwarz, furchterregend, kläfften und hielten unerwünschte Besucher fern.

Heute hat man hohe Zäune, elektrische Tore und Videokameras. Somit haben sich die Aufgaben des Hofhundes verändert. Heute sollte der Hofhund familienfreundlich sein, er darf mit ins Haus und Kläffen ist unerwünscht, weil es die Nachbarn stört. Dafür sollte er leinenführig und im Gelände abrufbar sein. Heute ist der Ärger groß, wenn jemand gebissen wird, selbst wenn er sich unerlaubterweise auf das Grundstück begibt. Außerdem wird es von den Tierschützern nicht gerne gesehen, wenn ein Hund im Zwinger und auf dem Hof lebt und nicht mit ins Haus darf. Die Zwingerhaltung ist per Gesetz deutlich eingeschränkt worden. Der Hund im Haus ist eher eine gesellschaftliche Frage. Galt er vor 30 Jahren noch als dreckig, wird man heute angezählt, wenn er nicht wie ein menschliches Familienmitglied behandelt wird. Selbst Hunde, die noch ihren ursprünglichen Aufgaben nachgehen, sollen heute in den Augen der Uninformierten im Haus mit Familienanschluss wohnen. Ein Schutzhund für Schafe würde das wohl eher befremdlich finden.

Nichts desto trotz ist der Hund so anpassungsfähig, dass er heute problemlos den Job des Seelentrösters, Kindersatz, Sportgerät oder Statussymbol problemlos ausfüllt. Liebhaber von Hunden lassen sich in verschiedene Gruppen teilen und jede dieser Gruppen lästert über die anderen. Den Hunden ist das pupsegal. Sie machen ihren Job und die wenigsten Hunde leiden in größerem Maße darunter.

Dennoch bleiben sie Hund. Sie bellen, sie kacken, sie haaren, sie lecken sich an Stellen, von denen man nichts wissen will und mitunter beißen sie auch. Ich bin schon immer von Hunden gebissen worden. Ich liebe sie trotzdem und habe natürlich auch einen passenden Begleiter. (Um die Schublade zu bedienen: er ist niedlich, frech und total süüüüß. Das waren meine Wünsche an einen Hund und sie sind alle erfüllt.) Die Bisse waren nie so ernsthaft, dass genäht werden musste und auch wirklich immer war ich selbst schuld. Der letzte Biss ist gerade verheilt. Ich hatte versucht, mit allerbesten Absichten, den Hund einer Freundin hochzuheben. Ich weiß ganz genau, dass er das nicht mag. Die Folge davon war, dass meine Tetanus-Impfung jetzt ganz frisch ist. Und weil Ärzte geschäftstüchtig sind, war in der Impfdosis auch gleich Diphterie, Polio und noch irgendwas, was ich vergessen habe, mit drin. Vollschutz also! So hatte das Ganze auch was Gutes. Dem Hund habe ich das nicht krumm genommen.

Interessant finde ich die Hundephobien. Ich habe oft Ärger mit Hunden gehabt, aber selbst als Kind habe ich keine Ängste ausgebildet. Manche Menschen haben als Kind einen Hund in einem unglücklichen Moment (meistens große Hunde, die plötzlich auftauchen) getroffen und haben ihr Leben lang Angst vor Hunden. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Menschen, die vom Land kommen oder in der Stadt leben. Tatsächlich passiert das auf beiden Seiten. Die Anzahl der Hunde in Städten ist ja auch noch ungleich höher. Und ich denke nicht, dass sie irgendwo besser oder schlechter erzogen sind. „Der-tut-nix“ gibt es überall. In der Stadt wird es gerufen, auf dem Land wird das Hoftor offen gelassen. Beißen tun sie alle – manche nur nicht so oft und unterschiedlich schlimm.

Vorsicht ist beim Hund immer geboten. Und man ist klug, wenn man sich zuerst mit dem Besitzer darüber austauscht, ob man den Hund anfassen darf. Am besten fragt man auch noch, wie das passieren soll. Das beliebte „vorne über beugen“ ist bei Hunden besonders unbeliebt. In die Hocke gehen, führt allerdings bei unerzogenen Hunden dazu, dass man hinten über fällt. Noch besser ist es – und das ist mein liebstes – Hunde anderer Leute ganz in Ruhe lassen. Die Hunde am besten ignorieren. Das ist am entspanntesten und führt zu den geringsten Verletzungen.

Tick tack! Oder: Vom größten Vorteil einer konventionellen Armbanduhr

Vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich ja beschlossen, wieder eine Armbanduhr tragen zu wollen… ja, das Handy zeigt auch die Zeit an, aber nachdem es mal cool war, das kleinste Handy zu besitzen, als ich noch weniger grau war als heute, werden die Dinger nun immer größer. Diese Tatsache zusammen mit dem Fakt, dass ich mit meinem früheren Handy’n Loch in die Fliesen schmeißen konnte, wenn mir das Teil aus der Hand gedonnert ist und die neuen Plietschfons (das ist übrigens das offizielle Wort für „Smartphones“ op Platt, und ich finde, dieses Wort wird viel zu selten genutzt) zum größten Teil empfindliche Mimöschen sind, führt dazu, dass mein Handy im Grunde genommen sowas wie ein Festnetz-Telefon ist, das eigentlich immer an seinem Platz liegt… das bringt zur Zeitanzeige mal wenig bis nix.

Ich schweife ab.

Kommen wir zurück zur Uhr – die ich mir tatsächlich angeschafft habe, was im Grunde ein eigenes Kapitel von ’ner Menge zum Teil irgendwann genervten Leuten, unfreundlichen und wenig kompetenten Verkäuferinnen, Falschlieferungen, unpassenden Armbändern und einigen Reisen hätte wert sein könnte, wenn das jetzt nicht alles fast vergessen wäre – ich habe sie nämlich: Meine Uhr.

Und das übrigens, obwohl meine andere Hälfte mir wohl schon tausendfach unterstellt hat, ich hätte eine selbige gefressen, denn wenn man mich fragt, wie spät es ist, antworte ich gern sowas wie: „Sechzehn Uhr siebenunddreißig!“ Meist liege ich auch, wenn ich vor Stunden das letzte Mal auf die Uhr geguckt habe, nur um wenige Minuten daneben, wenn es mir gut geht, ich wenig Stress habe und seltsamerweise besonders dann, wenn ich mich an gewohnten Orten aufhalte. Schönes Talent also, das mir in den wenigsten Fällen mehr bringt, als dass es irgendwelche Leute beeindruckt, während es versagt, wenn’s wirklich wichtig ist.

Kommen wir aber von der „Story of my life“ abermals zurück zur Uhr:

Das beste daran, wieder regelmäßig’n Wecker am Arm zu tragen, ist – um das nochmal zusammenzufassen – jedenfalls nicht, dass man immer weiß, wie spät es ist… meistens hab‘ ich auch neben dem Telefon noch irgendein anderes Gerät in der Nähe, das das wüsste, weil man als Schreibtischtäterin auch, wenn man Singen und Klatschen studiert hat, meistens vorm Rechner sitzt. Gut – oft mit Wachsmalkreiden oder bunten Filzstiften (gelernt ist gelernt), aber dennoch vorm Rechner, und auch der weiß, welche Stunde geschlagen hat.

Das beste an ’ner Uhr ist auch nicht, dass ich das Teil irgendwie ganz schön finde oder dass es gar irgendwem auffiele: Die coolen Leute tragen heute offensichtlich so’ne Smartwatch und können auf der Uhr, die sie dann wie das Telefon dauernd aufladen müssen, dasselbe sehen, wie auf dem Telefon – der Sinn hat sich mir irgendwie nie erschlossen. Dass es überhaupt „richtige“, mechanische Uhren gibt, ist den meisten Leuten in meinem Alter gefühlt irgendwie gar nicht bekannt – mit irgendwas rumzuprollen, ist für mich allerdings in den seltensten Fällen ein Kaufkriterium für irgendwas, und wenn doch, dann nicht für Dinge, die ich zu neunzig Prozent unterm Pulloverärmel trage… wie dem auch sei: Der Coolness-Faktor ist da in meinen Kreisen irgendwie nicht so hoch und für mich eh in den seltensten Fällen ein Grund für irgendwas.

Nein – der wahre Vorteil einer „richtigen“ Uhr zeigt sich offensichtlich genau zweimal im Jahr: Normalerweise gucke ich zu Anlässen wie dem heutigen (ja – es ist mal wieder Zeitumstellung) nach dem Aufwachen wie die Kuh wenn’s donnert irritiert abwechselnd auf alle Zeitanzeiger, die mein Hausstand zu bieten hat – meist, um festzustellen, dass diese alle mehr oder weniger dieselbe Zeit anzeigen. Hat sich hier jetzt alles umgestellt oder gar nix? Immerhin hat der Funkwecker schlechten Empfang, Windows ist relativ neu aufgesetzt und das Telefon ist insgesamt noch ziemlich neu (empfindliche Mistdinger – Ihr erinnert Euch).

Nur heute war alles anders: Ein Blick auf die Uhr und der Sachverhalt war klar.

Nur stellen musste ich sie dann natürlich noch… aber dieser „Nachteil“ ist ja wie bereits beschrieben eigentlich der größte Vorteil.

Die Farbe der Klamotten

Ich habe sie schon lange nicht mehr geguckt – die Heimatfilme aus den 50iger Jahren. Wie die Oma noch lebte, da habe ich manchmal mit ihr vor dem Fernseher gesessen und mir die wundersamen Trachten des Schwarzwaldes angesehen oder die pixeligen Bilder der Villen in Mallorca oder Italien oder so. Es war immer eine schmalzige Liebesgeschichte. Und immer ging es irgendwie darum, dass die Stadtleute zu den Dorfleuten kamen und jeder dem anderen gegenüber verständnislos seiner Lebensweise gegenüber war. Für den Zuschauer waren die Stadtleute von den Landmenschen dadurch zu unterscheiden, dass die Stadtmenschen weiße Hosen und auch sonst helle Kleidung trugen. Die Menschen vom Dorf trugen gedeckte Farben in schwarz oder dunkelbraun.

Die Filme sind echt alt, aber manche Dinge ändern sich nie – und das sind die gedeckten Farben der Klamotten auf dem Land und die weißen Hosen der Stadtleute. Ich brauche nur in meinen Kleiderschrank gucken – alles braun, blau, schwarz oder irgendwas dazwischen. Die hellen Oberteile sind entweder selten getragen oder werden nur drunter angezogen. Besuche ich hingegen Freunde aus der Stadt, dann laufen die in hellen Hosen oder Kleidern rum. Manchmal bin ich neidisch und würde meine Kleidung auch gerne etwas bunter haben. Aber spätestens, wenn ich beim Laubharken den Dreck an den Beinen habe, komme ich zur guten alten schwarzen Jeans zurück.

Es ist einfach sinnlos auf dem Land helle Kleidung zu tragen. Selbst wenn man nur durch das Dorf spaziert, trifft einen das Wasser aus der Pfütze oder man wird von Nachbars Hund angesprungen. Auch bei Besuchen in der Nachbarschaft, wird auf der Hausbank Platz genommen, die schon Grünspan angesetzt hat und jede schöne beige Leinenhose auf ewig versauen würde. Es ist also kein trübes Grau, was ich trage, sondern eher das fröhliche Schwarz. Ich muss mich nicht umziehen, wenn ich das Pferd aus Nachbars Garten pflücke und brauche nicht nachdenken, wenn ich den Kerbel im matschigen Garten ernte.

Meine Versuche wenigstens bei Stadtbesuchen helle Kleidung zu tragen, ist auch nicht besonders erfolgreich gewesen. Ganz sicher bin ich es, die auf dem Parkplatz über den Grünstreifen stiefelt und den Matsch mitbringt. Und sicher treffe ich die Parkbank, die keiner benutzt, weil sie die helle Hose ruiniert. Da bleiben nur ein paar hellere Oberteile, die notfalls mit einer Weste kombiniert werden können und einige Kleidungsstücke, die ganz nette gedeckte Farben so kombinieren, dass es nicht langweilig wird.

Ansonsten ist es im Dorf ja auch kein Drama jeden Tag mit den gleichen Klamotten rum zu laufen. Die Leute kennen einen ja. Man trifft ja nicht jeden Tag andere und unbekannte Menschen. Und Eindruck schinden zu wollen durch Kleidung ist in einem Dorf sinnlos. Da freue ich mich, dass ich unseren Konsum mit Dreckstiefeln und ausgefranster Jacke betreten darf und niemand sich wundert.

Schwatz am Gartenzaun

Ein romantisches Bild im Dorf ist immer der Schwatz am Gartenzaun. Wo in der Stadt misstrauisch geguckt wird, weil man im Eingangsflur des Blocks steht und sich unterhält, gilt der Tratsch im Dorf als ortsüblich und erwünscht. Tatsächlich bleibt es oft nicht bei zwei Leuten, sondern der Nächste, der vorbeikommt, stellt sich dazu und trägt was bei.

Tatsächlich gibt es inzwischen unter den lustigen Sprüchen den Text:

Neulich ging ich zu meinem Nachbarn, um mir einen Liter Milch auszuleihen. Nach 2 Stunden kam ich nach Hause, total betrunken, aber ohne Milch.

Das passiert tatsächlich. Oder der Auflauf verbrennt im Ofen, weil man vom Hökschen aufs Stöckchen kommt.

Der Schwatz am Gartenzaun macht nicht nur Spaß, er hat auch eine wichtige soziale Funktion. Dafür sollte man sich Zeit nehmen. Wer seine Nachbarn kennt, der hat auch weniger Angst davor, dass sie ihm etwas Böses wollen. Und die können einem auch die Angst vor dem Übernachbarn nehmen, indem sie tratschen. Umgekehrt erfährt man so auch rechtzeitig, wer die falsche Flagge schwenkt oder wem man besser keine Versicherung abkauft. Am Gartenzaun gibt man ein bisschen von sich her und bekommt etwas zurück. Man muss die Dinge nicht auf die Goldwaage legen. Nirgendwo vergrößern sich Gerüchte so schnell wie am Gartenzaun. Aber das weiß jeder. Und wenn sich der nächste Skandal im Dorf anbahnt, dann wartet man mal ab und guckt, wie viel davon denn überhaupt wahr gewesen ist. Die Spekulation hält sich hingegen auch am Gartenzaun in Grenzen. Den Austausch von Tatsachen kann man es allerdings auch nicht nennen, denn jeder hat so seine eigene Wahrheit. Das ist die eine Nachbarin mal zickig und von der anderen Seite aus unglaublich hilfsbereit. Vermutlich ist beides wahr und wird nur unterschiedlich wahr genommen.

Nichts wird so wenig ernst genommen, wie der Gartenzauntratsch. Aber man ist „raus“, wenn man es versäumt sich über den Gartenzaun über das neuste Dorfgespräch zu informieren. Manchmal hört man wochenlang das Gleiche und dann hat man die Hälfte verpasst, wenn man nicht jeden zweiten Tag das Gespräch gesucht hat. Es gibt keine guten Ratschläge für den Gartenzaun. Man macht es sicher falsch und wenn man es nicht macht ist es auch falsch. Am besten nimmt man es mit Gelassenheit. Gut ist es auch mit jeder Partei zu tratschen. Jede Angelegenheit hat schließlich zwei Seiten und in manchen Dörfern sogar fünf.

Am Ende ist es gut zu wissen, dass das Zelt beim Nachbarn stand, weil dort der Polterabend seiner Tochter gefeiert wurde. Und es schadet auch nicht zu wissen, wessen Hund zur Zeit am häufigsten im Dorf spazieren geht und vor allem, wie der Hund drauf ist, wenn man ihn trifft. (Die meisten Dorfhunde sind übrigens außerhalb ihrer Grundstücke eher ängstlich und ausgesprochen ausgeglichen.) Es schadet auch nicht, wenn man weiß, wer vermutlich gerade knapp bei Kasse ist. So kann man je nach eigener Kassenlage demjenigen entweder auf dem nächsten Dorffest einen ausgeben und elegant ablehnen, wenn man angepumpt wird. Äußerst praktisch ist es, wenn man diejenigen kennt, die noch gärtnern und garantiert zu viele Bohnen, Zuchini oder Äpfel haben. Da staubt man im netten Gespräch mal eben frisches Obst und Gemüse ab. Dafür mäht man im Sommer mal das Grün vor dem Hof mit kurz. Ich weiß auch immer noch gerne, wie es unseren ganz alten Dörflern geht. Sie sind ja das eigentliche Herz eines Dorfes und kennen noch die alten Geschichten. Wenn es angemessen ist, kann man da gut mal seine Hilfe anbieten – am besten über den Gartenzaun.

Bewerbung

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich weiß nicht einmal, wer genau Sie sind, und genau deshalb wende ich mich auf diesem Wege an Sie.

Bei Ihnen hat irgendjemand einen ganz großartigen Job, und falls dieser einmal frei werden sollte, möchte ich mich hiermit schon einmal initiativ darauf bewerben.

Die Rede ist von dem Menschen, der in einem Multicar mit Wassertank, von dem aus ein Schlauch in die Fahrerkabine führt, die Alleen hier in Westmecklenburg auf und ab fährt, den Schlauch aus dem Fenster hält und damit die Alleebäume bewässert.

Da ich zur Zeit in einem befristeten Projekt tätig bin, kann es auch bei mir irgendwann wieder einmal dazu kommen, dass ich mich beruflich neu orientieren muss – der Baumgieß-Job käme mir da so auf den ersten Blick wie gerufen: Als auf dem Dorf lebende Sozialpädagogin bringe ich neben meinen sozialen Kompetenzen eine Menge Naturverbundenheit mit – ich betreibe semifreiwillig jeden Winter wieder eine Igelstation und lebe mein Leben schon länger mit Pferden als ohne. Ein gewisses technisches Verständnis lege ich ebenfalls an den Tag – außerdem habe ich bereits DDR-Fahrzeug-Erfahrungen, bin täglich mit meinen Trabis unterwegs und bin somit im Grunde prädestiniert für den Job.

Sie möchten mich kennenlernen? Wir wollen darüber reden, was die Baumgieß-Tätigkeit im Winter mit sich bringt? Melden Sie sich gern in einem Kommentar und teilen Sie mir mit, wie ich Sie erreichen kann.

Ich freue mich schon jetzt, eventuell bereits in ein paar Jahren dieser gar meditativ anmutenden Tätigkeit nachgehen zu dürfen und verbleibe

mit bei teils über 10°C im Januar nahezu frühlingshaft-frisch-freundlichen Grüßen.

Nachts im Dorf

Gerade ist es passiert – die Nachbarin ein Pferd, mein Kind und noch ein Pferd und es ist Abend und schon kurz vor der Dämmerung und sie ziehen los – durchs Dorf.
Was erwartet einen, wenn man so am Abend oder Nachts durchs Dorf zieht? Es ist ja deutlich dunkler hier als in jeder Kleinstadt. Die Sterne sind noch zu sehen, obwohl schon die neuen LED-Straßenlampen am Wegrand stehen. Weil diese neuen Straßenlampen weniger Strom brauchen, brennen sie auch komplett die ganze Nacht durch. Früher wurde wenigstens noch die Hälfte davon abgeschaltet. Das verminderte die Lichtverschmutzung und ist gut für den menschlichen Schlaf und das tierische Nachtleben.

Das Kind und die Nachbarin hatten jedenfalls vorgesorgt und eine bunte Lichterkette um die Kutsche gewickelt. So ganz im Dunkeln sah es aus, als ob ein Weihnachtsbaum durch die Straßen läuft. Nur das Klepp-klepp-klepp der Hufe irritierte etwas. Vermutlich sind sie nicht allzu vielen Menschen begegnet. Eventuell ist die eine oder andere Gardine, wenn denn überhaupt eine vorhanden ist, hochgegangen. So wirklich üblich ist so ein fahrender Weihnachtsbaum im Dorf Nachts jedenfalls nicht.

Es wird ja gerne erzählt, dass im Dorf am Abend die Bürgersteige hochgeklappt werden. Immerhin hätten wir Bürgersteige, die man hochklappen kann. Hier noch ein Dank an die Bürgermeister, die dafür gesorgt haben. Die Bürgersteige sind nachts im Dorf durchaus lebensrettend, denn das Tempo der durchfahrenden Autos steigt. Die Lichtverhältnisse sind mit den LED Straßenlaternen zwar besser geworden, aber als Fußgänger oder Fahrradfahrer bleibt man besser auf dem Fußsteig, der bei uns offiziell nicht für Fahrräder erlaubt ist. Aber da ist man hier tolerant. Und es gibt durchaus auch Nachts überraschend Begegnungen. Wenn der Chor mit seinen Proben fertig ist oder die eine oder andere Feier sich dem Ende zuneigt, eilt der eine oder andere noch schnell nach Hause. Doch nach Mitternacht trifft man nicht mal mehr die Hunde. Jetzt huschen nur noch die Autos mit den Nachtarbeitern und Frühanfängern über die Straße. Und selbst die Discogänger am Wochenende tauchen frühestens morgens um sechs wieder auf. Die Partys dort beginnen ja oft erst nachts um eins.

Man kann also getrost das Fenster offen lassen beim Schlafen. Man wird nicht gestört durch laute Musik, Türen klappen oder Gelächter. Das ist der Vorteil von hochgeklappten Bürgersteigen. Einer der Gründe genau hier zu wohnen!

Häkel-Amnesie

Jeder, der mich oder Tinki oder gar uns beide kennt, hätte sicherlich vermutet, dass Tinki als erste von uns beiden… nein, eher zeitlebens als einzige von uns beiden zum Thema Handarbeit bloggen würde, doch weit gefehlt: Hier ist er, mein persönlicher Handarbeits-Beitrag auf mondscheintomate.de – ungeschönt, ehrlich und für den geneigten Leser irgendwie zum Fremdschämen.

Wer es sich einfach machen möchte, mag mir vorwerfen, ich sei halt keine „typische Frau“ – ich glaube, das ist es aber gar nicht. Zwar habe ich ein inniges, ja nahezu emotionales Verhältnis zu (vorwiegend uralter) Technik, mag alte Fahrzeuge, kann mit Flex, Bohr- und Drehmaschine zumindest für den erweiterten Hausgebrauch recht passabel umgehen und mache mir gern mal die Finger an Öl und Fett beim Schrauben dreckig, aber hey – aus diesen Fingern wachsen dafür recht lange, regelmäßig gefeilte und mit Nagelhärter etc. gepflegte Nägel! Okay, nur rechts und nur zum Gitarrespielen, aber immerhin könnte meine rechte Hand in einer Nahaufnahme problemlos die durchschnittliche Frau repräsentieren!

Wir schweifen ab – und zwar, weil es erbärmlich ist: Ich bin eine Niete in Handarbeiten, wirklich. Ich habe das nie gut gekonnt, habe mich deshalb noch nie tiefgreifender damit beschäftigt und werde es deshalb wohl auch nie können. Einen Knopf annähen – ja, das geht sicher gerade so (auch nicht schön – hält aber), aber sonst ist das Ganze eine echte Katastrophe.

Der Grundstein für die ganze Misere ward wohl bereits zu Grundschulzeiten gelegt: So sägte, feilte und schmirgelte ich (ich weiß es bis heute und hoffe, das Ding hat irgendwer aufbewahrt) ein echt tolles Männchen aus Holz, das an einem Reck turnte – als dem dann ein Anzug geschneidert werden sollte, verließen sie mich. Ein Schlüsselbrett in Form eines Elefanten war ebenfalls schnell gelaubsägearbeitet – das Teil hing dann noch gefühlt ein Jahrzehnt bei uns im Flur (und ich hoffe, das Ding hat irgendwer aufbewahrt) und war für die Arbeit eines Grundschulkindes echt passabel. Weiter ging es damit, dass wir so’nen kleinen Puppenhaus-Teppich (nur der liebe Gott wusste schon damals, was es wirklich darstellen sollte) weben sollten: Ich habe es nicht einmal gehasst, sondern vorurteilsfrei versucht, aber das wirklich hässliche Ergebnis (ich weiß es bis heute und hoffe, das Ding hat keiner aufbewahrt) war in seinem Verlauf sehr unterschiedlich dick, fest und breit – mehr wie ein Alligator, der mehrfach vom LKW überfahren worden war, als wie der Wohnzimmer-Bodenbelag von Barbie und Ken (und ja – auch DIE besaß ich).

Nun mag man sich darüber wundern – man mag auch sagen, man müsse ja nicht alles können, aber ich kann schon nicht tapezieren und war beim Ausprobieren am Saxophon schlechter, als ich es erwartet hätte, und so versuche ich mich etwa alle fünf bis zehn Jahre mal wieder an Handarbeiten, die über „so’n Knopf wirste ja wohl grad noch“, „Ob das auch mit Textilkleber geht?“ und „egal, sieht eh keiner“ hinausgehen. Dies erfolgt allerdings ausschließlich aus irgendeiner Notwendigkeit heraus (so’n Schal krieg ich NIRGENDS) und niemals, weil ich auf der Suche nach einem neuen Hobby bin (unvergessen bleiben wird mir eine frühere Arbeitskollegin, die Lebensmittel gehäkelt hat – ich bin sonst eher für praktische Dinge zu haben, aber das gehäkelte Spiegelei hat mich zumindest zu großen Teilen tatsächlich aus Bewunderung sprachlos gemacht), und so ist es nicht verwunderlich, dass mein Hirn diese frisch erworbenen Fähigkeiten nie länger als einige Wochen (also bis zur Fertigstellung oder Aufgabe des Projektes – einen Flughafen habe ich noch nie zu stricken versucht) behält. Ich leide im Grunde also an Häkel- und Strick-Amnesie, brauche jedes Mal jemanden, der mit mir den Anfang häkelt oder die Maschen aufnimmt, eskaliere dann nach einer kurzen Einweisung in die ganze Nummer mit Werkzeug und Wolle bis auf einzelne „Oh nein, Hilfe!!“s eine Zeit lang weitestgehend autark vor mich hin und brauche dann jemanden, der dieses Projekt mit mir beendet… nein, mich davon erlöst, obwohl ich das wirklich gern können würde. Das Stadium der Erlösung aus solchen Unterfangen ist übrigens sehr unterschiedlich – das reicht von der helfenden Hand beim Abketten (so heißt das glaube ich in der Fachsprache, wenn man am Ende seines Werkes die Maschen plangerecht von den Nadeln klöttert und dabei irgendwie immer anders was durch die Masche prökelt als sonst, weshalb ich das nie ganz kapiert habe?) bis hin zu „Ich hab mal in Deiner Abwesenheit ein paar Reihen weitergestrickt, sonst wirst du ja nie fertig!“ – heute bin ich sicher, dass meine damalige Strickbetreuung ausnahmslos alles, was ich in der Zwischenzeit fertiggebracht hatte, heimlich wieder aufgeröbbelt hatte, bevor sie es neu und „ein paar Reihen weitergestrickt“ hat, um den schalgewordenen (wie Winter-Schal, nicht wie Bier-schal) überfahrener-Alligator-Effekt vom Grundschul-Teppich zu verhindern: Seltsamerweise war mein „selbst“ gestrickter, schwarzer Schal am Ende nämlich wirklich sehr schön, obwohl ich zwischenzeitlich immer wieder einmal alligatoreske Tendenzen wahrnehmen konnte. Nun wären andere Teenies in meinem Alter sicher sauer gewesen, hätte jemand an ihrem Schal „ein paar Reihen weitergestrickt“ – ich war einfach froh und dankbar, als das Ding endlich fertig war.

Die oben angeführten fünf bis zehn Jahre sind übrigens so ziemlich jetzt wieder vergangen, meine Strick- und Häkel-Amnesie ist vollkommen und mich überkommt zusehends eine Unruhe wie einen Fisch, der sich aufmacht, um zum Laichen das Gewässer seiner Geburt aufzusuchen: Schon neulich dachte ich, wie schön so’n schwarzer, häkelstrickgeklöppelter Überwurf wäre, den ich mir über die Schultern schmeißen könnte, wenn trostlose Kälte sich zumindest gefühlt bis ins Büro breitmacht, doch besann ich mich auf mein diesbezügliches Talent (okay – es half, mir auszumalen, was die Kollegen von einem solchen, von mir erschaffenen Monster halten würden) und kaufte nicht einmal Wolle.

Nun aber bin ich mehr oder minder stolze Eigentümerin eines neuen Plietschfons („Smartphone“ op Plattdüütsch – ich möchte bitte, dass sich dieser Ausdruck durchsetzt und versuche hiermit, trotz meiner geringen Reichweite meinen Beitrag dazu zu leisten) und dachte mir, dass die gehäkelten Handyhüllen, die ich früher hatte, doch echt die besten waren. Kurz malte ich mir schon aus, wie ich da noch so’ne Ecke dranhäkeln würde, die man als Schutz oben umschlagen könnte, bis ich nicht ohne ein leises Seufzen das neue Telefon in einen Waschlappen steckte und beschloss, mir wohl doch noch so ein Silikon-Täschchen zu bestellen: Die Zeit ist noch nicht ganz reif für ein neuerliches Wolldesaster, doch die Einschläge kommen näher und näher.

Züchten

Wer sich für Haustiere interessiert, der kommt nicht darum herum, sich auch irgendwie mit dem Thema Zucht zu beschäftigen. Immerhin sind unsere Haustiere nur deswegen Haustiere (also von der Katze mal abgesehen), weil wir sie züchten, also bei der Vermehrung selektieren. Nur so konnte aus dem Wolf (oder einem seiner wolfsähnlichen Vertreter – es gibt da wieder neue Theorien) ein Chihuahua (chacka – richtig geschrieben) und ein Bernhardiner werden.

Ich beteilige mich an diesem Tun, das manche Bevölkerungsschichten verächtlich abtun, indem ich Shetlandponys züchte. Hunde möchte ich auf keinen Fall züchten und Bienen vermehre ich einfach nur. Dabei ist der Unterschied zwischen Zucht und Vermehrung die Tatsache, dass man bei der Zucht die Elterntiere auswählt, die hoffentlich die gewünschten Zuchtziele weiter vererben. Bei der Vermehrung hingegen versucht man nur die Menge der Tiere zu erhöhen, ohne darauf zu achten, wer sich da mit wem paart.

Die Idee zu züchten begann mit dem Wunsch meinen damaligen Hund zu vermehren. Ich hatte wohl die Idee, den Rüden bewusst auszuwählen, damit bestimmte Eigenschaften erhalten bleiben, aber von Zucht hatte ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung. Ich bin dann im Tierwelt Forum gelandet, um mich zu informieren. Das Ergebnis war, dass ich meinen Mix nicht mehr vermehren wollte, aber Zucht selbst spannend fand. Zu dem Zeitpunkt wuchs der Wunsch Pferde zu kaufen. Zuerst waren es zwei Wallachponys für die Kinder. Nachdem sich rausstellte, dass die Beiden nicht, wie versprochen, gut vor der Kutsche gingen, aber Gespannfahren mir besser gefiel als Reiten, suchte ich eine Alternative. Und so bin ich zu Shetlandponys gekommen. Die Idee mit der Kutsche zu fahren und eine Pferderasse durch Zucht zu erhalten, lag genau auf meiner Wellenlänge. Dazu hatten wir einen Hektar Grünland erworben und somit viel Platz für kleine Ponys. Und last but not least hat es mir in der Interessengemeinschaft Shetlandponys Mecklenburg-Vorpommern sehr gut gefallen.

Meine Zuchterfolge würden wohl jeden Warmblutzüchter neidisch machen. Ich habe bereits 3 Staatsprämienstuten gezogen und eine vierte Stute kommt vermutlich im Herbst dazu. Außerdem haben meine Ponys erfolgreich an verschiedenen Zuchtschauen teilgenommen. Blickt man hinter die Kulissen, dann kann ich gar nicht so viel. In Zusammenarbeit mit dem Vorsitzenden unserer IG habe ich einfach Gelegenheiten genutzt, tolle Hengste zur Verfügung zu haben. Und auch die Mutterstute aller meiner Nachkommen, habe ich beim Fachmann gekauft. Es war schon ein bisschen Gllück, dass ich die richtigen Menschen zur richtigen Zeit getroffen habe.

Ich wurde in meinem Forum mal gefragt, was mir denn am meisten Spaß in punkto Pferd macht. Immerhin fing die Idee Pferd schon als Kind an, mit dem Wunsch ein Pferd zu besitzen. Heute bin ich heilfroh, dass es Ponys sind. Mit den „Pferden“ habe ich es nicht so. Und dann ging es weiter damit, dass ich reiten und Gespannfahren lernte. Die ersten Ponys wurden für die Kinder gekauft. Und heute weiß ich genau, dass Züchten von Ponys meine größte Leidenschaft bei der Arbeit mit den Equiden ist. Zur Zucht gehört mehr als nur verpaaren und verkaufen. Die Fohlen müssen das Fohlen ABC lernen, die Stuten müssen vor der Kutsche bewegt werden, Fütterung, Haltung, Gesundheit. Ich habe immer noch eine Menge zu lernen. Und wenn dann das „Zuchtprodukt“ Fohlen im Frühjahr zur Welt kommt, dann schlägt das Züchterherz höher. Wie gut hat man es getroffen? Nach 3 Tagen, 3 Monaten und 3 Jahren beurteilt man als Züchter das Pferd. Dazwischen wird es Richtern vorgestellt und rangiert sich zwischen den Tieren der anderen Züchter ein. Klar freue ich mich über gute Noten, aber am Ende zählt der neue Besitzer, der sich freut ein tolles Pony kaufen zu können.

Links zum Text (nicht rechts)

Das Maus-Vakuum

Ich habe ein Maus-Vakuum. Das liest sich jetzt sicher für Außenstehende erst einmal komisch, aber ich kann das erklären:

In alten Häusern auf dem Land lebt man halt noch im Einklang mit der Natur – genauer gesagt hat man hier und da auch Viehzeug um die und sogar in der Bude. Gegen Spinnen und anderes Kleinstgetier habe ich mich bereits durchsetzen können, denn ich weiß, welches „Kraut“ dagegen gewachsen ist – gegen die Mäuse-Nummer allerdings bin ich nach wie vor wehr- und hilflos, und das muss am Maus-Vakuum liegen: Ich habe schon welche vergiftet, ich habe sogar schon eine unter Einsatz meines Lebens unter einem Eimer gefangen (okay – dann musste mein Kerl kommen und mich retten, denn das war im Grunde Schrödingers Maus: Solange niemand unter den Eimer guckte, war die Maus gleichzeitig tot und lebendig, und während eine lebende Maus irgendwie noch geht, finde ich eine tote Maus ja echt eklig!) – aber so ganz losgeworden bin ich sie nie.

Die Viecher haben hier ja auch komische Hobbys: Es werden nicht etwa Lebensmittel angefressen, sondern so Sachen wie der Karton mit den Spülmaschinen-Tabs. Insgesamt habe ich ohnehin offensichtlich sehr saubere Mäuse – eine randalierte mal in einer Schublade, die (außer der Maus) lediglich eine Dose Farbe sowie einen Lappen enthielt (denn ich weiß, wie man Möbel anmalt). Wenn die Maus sich nun also wenigstens nützlich machen und mal mit dem Lappen durch die Bude laufen könnte?

Lange Rede, kurzer Sinn: Immer, wenn hier eine Maus tot oder sonswie weg ist, ist es kurze Zeit ruhig, nur, damit es ein paar Tagen später an der nächsten Ecke prökeln und knurbseln kann, weil im Sinne des Maus-Vakuums eine neue Maus eingezogen ist. Wenn ich Katzen nicht so doof fände und die aufgrund von Nachbars Hund hier nicht eine relativ geringe Halbwertszeit hätten, könnte ich ja auch mal über eine solche Anschaffung nachdenken – so wird mir jedoch nur übrig bleiben, den Mäusegeräuschen mit dem Gift hinterherzulaufen, und wenn ich nicht irgendwann sämtliche Mäuse des Dorfes in meiner Bude vergiftet habe, dann maust es wohl noch heute.

Mein Garten

Es blüht und grünt und ernten lässt sich auch noch was. Der eigene Garten ist ein Relikt aus den Zeiten, wo man sich nur so ernähren konnte und aus der DDR, wo man nicht alles mal eben im Konsum kaufen konnte. Heute ist es eher ein Hobby als eine ernährungsnotwendige Arbeit. Es ist die Freude an der Natur und der Spaß daran, die eigenen frischen Pflanzen essen zu können. Und manchmal ist er ein notwendiges Übel, denn zu einem Eigenheim gehört immer ein bisschen Garten.

Es gibt bei den Eigenheimbesitzern auch solche, die diesen Garten gar nicht wollen und ihn mit Steinen und anderen nicht-wachsenden Elementen bedecken. Andere machen einen im Grunde toten Rasen um ihr Haus, der einmal in der Woche gemäht wird und die Ränder werden heimlich in der Dämmerung mit Herbiziden tot gespritzt. Ungeliebt ist auch der Zwang einen schönen Vorgarten zu präsentieren, weil die Nachbarn ja sonst reden würden. Da wird dann mit pflegeleichten, mehr oder weniger wuchernden Zypressen und Bodendeckern gearbeitet. Es wird aber auch alles dann mal ausprobiert, was der Baumarkt an Pflanzen hergibt, selbst wenn man schon vorher weiß, dass die meisten dieser Mode-Blumen nach einem halben Jahr wieder eingeht. Hinter den Häusern findet man dann den Spielplatz des Kindes, einen erweiterten Lagerraum für alles was nicht ins Haus passt, ein vernachlässigtes Kräuterbeet und ein paar wuchernde Koniferen zum Nachbarn rüber, damit der nicht so gucken kann.

Ich habe zwei Hektar Platz und dazu noch drei Hektar in Pacht. Da ist eine Menge Platz, um mich selbst zu verwirklichen. Und tatsächlich erkennt man am Zustand meines Blumenbeetes, meine aktuelle Lebenssituation. Der größte Teil des Grundstückes besteht aus soetwas wie Rasen. Es gibt recht kurzen Rasen, langen Rasen, bunten Rasen, in dem Blumen sind, löchrigen Rasen mit Maulwurfshügeln, Rasen, der Pferdekoppel ist, zerfahrenen Rasen und etwas, was eigentlich Rasen sein sollte, wo aber irgendwie dauernd andere Pflanzen, wie z.B. Brennnesseln, wachsen. Ich habe Hecken, Bäume und Obstbäume. Und ich habe einen „Bauerngarten“. Das ist so ein Stück mit einem Zaun herum, indem sich Buchshecken befinden und dazwischen wachsen Kräuter, Erdbeeren, Rhabarber und Blumen. Kartoffeln habe ich auch noch drin.

Ursprünglich hatte ich mal gelernt, dass man alles hübsch in Reihe pflanzt, damit man es wieder findet (bei Karotten eine sehr gute Idee!). Aber bei mir findet man nicht mal die Wege, weil sich alles von allein aussät und ich mal hier oder mal da eine freie Stelle zum Stehen habe. Ich nenne das naturnah gärtnern. Das erklärt auch die Brennnesseln und den Beifuß dazwischen. So bin ich auch nicht so unter Druck, jäten zu müssen. In jedem Jahr wächst etwas anderes in diesem Garten besonders gut. In diesem Jahr ist es die Königskerze und sehr überraschend der einjährige Mohn. Es gab auch schon Jahre, wo der Beifuß und die Brennnessel den größten Teil des Bodens bedeckt haben. Das war gut für den Giersch und den Gundermann. Beides ist sehr lecker im Salat.

Meine Bienen ignorieren den Blumengarten. Höchstens den Borretsch fliegen sie im Juli und August mal an. Der vermehrt sich auch fleißig und macht sehr viele Blüten noch spät im Jahr, wenn es nicht mehr so viel zu holen gibt. Ansonsten summt es hauptsächlich von den Hummeln und auch die eine oder andere Wildbiene findet sich ein.

Arbeiten im Garten ist meditativ. Wachsen und Sterben liegen da dicht beieinander. Und ein Garten bietet viele Möglichkeiten, um Lebensvergleiche zu ziehen. Es fühlt sich ein bisschen gut an, wenn man die Welt ein bisschen besser macht, weil man einen Garten pflegt. Die eigene Scholle erzeugt immer noch Besitzerstolz, auch wenn sie klein ist. Und das wurmstichige Radieschen oder die von Schnecken angefressenen Erdbeeren sind eben die eigenen und sehen auch gar nicht, wie gekauft aus.

Man kann die Gartenarbeit als Arbeit betrachten. Mit wütender Genugtuung kann man das Unkraut ausreißen oder den Boden umgraben. Man kann es als Entdeckungsreise betrachten. Was wächst denn da? Man kann es als körperlichen Ausgleich zum Büro betrachten und die Arbeit an der frischen Luft genießen. Man kann es als Beitrag zur Rettung des Weltklimas betrachten und regionale Pflanzen vermehren. Für mich ist es von allem ein bisschen, nur Arbeit ist es bei mir nie. Wenn ich keine Lust mehr habe, dann höre ich auf. Es ist ja wurst, was da wächst. Ich brauche davon ja nicht leben.