Mein Garten

Es blüht und grünt und ernten lässt sich auch noch was. Der eigene Garten ist ein Relikt aus den Zeiten, wo man sich nur so ernähren konnte und aus der DDR, wo man nicht alles mal eben im Konsum kaufen konnte. Heute ist es eher ein Hobby als eine ernährungsnotwendige Arbeit. Es ist die Freude an der Natur und der Spaß daran, die eigenen frischen Pflanzen essen zu können. Und manchmal ist er ein notwendiges Übel, denn zu einem Eigenheim gehört immer ein bisschen Garten.

Es gibt bei den Eigenheimbesitzern auch solche, die diesen Garten gar nicht wollen und ihn mit Steinen und anderen nicht-wachsenden Elementen bedecken. Andere machen einen im Grunde toten Rasen um ihr Haus, der einmal in der Woche gemäht wird und die Ränder werden heimlich in der Dämmerung mit Herbiziden tot gespritzt. Ungeliebt ist auch der Zwang einen schönen Vorgarten zu präsentieren, weil die Nachbarn ja sonst reden würden. Da wird dann mit pflegeleichten, mehr oder weniger wuchernden Zypressen und Bodendeckern gearbeitet. Es wird aber auch alles dann mal ausprobiert, was der Baumarkt an Pflanzen hergibt, selbst wenn man schon vorher weiß, dass die meisten dieser Mode-Blumen nach einem halben Jahr wieder eingeht. Hinter den Häusern findet man dann den Spielplatz des Kindes, einen erweiterten Lagerraum für alles was nicht ins Haus passt, ein vernachlässigtes Kräuterbeet und ein paar wuchernde Koniferen zum Nachbarn rüber, damit der nicht so gucken kann.

Ich habe zwei Hektar Platz und dazu noch drei Hektar in Pacht. Da ist eine Menge Platz, um mich selbst zu verwirklichen. Und tatsächlich erkennt man am Zustand meines Blumenbeetes, meine aktuelle Lebenssituation. Der größte Teil des Grundstückes besteht aus soetwas wie Rasen. Es gibt recht kurzen Rasen, langen Rasen, bunten Rasen, in dem Blumen sind, löchrigen Rasen mit Maulwurfshügeln, Rasen, der Pferdekoppel ist, zerfahrenen Rasen und etwas, was eigentlich Rasen sein sollte, wo aber irgendwie dauernd andere Pflanzen, wie z.B. Brennnesseln, wachsen. Ich habe Hecken, Bäume und Obstbäume. Und ich habe einen „Bauerngarten“. Das ist so ein Stück mit einem Zaun herum, indem sich Buchshecken befinden und dazwischen wachsen Kräuter, Erdbeeren, Rhabarber und Blumen. Kartoffeln habe ich auch noch drin.

Ursprünglich hatte ich mal gelernt, dass man alles hübsch in Reihe pflanzt, damit man es wieder findet (bei Karotten eine sehr gute Idee!). Aber bei mir findet man nicht mal die Wege, weil sich alles von allein aussät und ich mal hier oder mal da eine freie Stelle zum Stehen habe. Ich nenne das naturnah gärtnern. Das erklärt auch die Brennnesseln und den Beifuß dazwischen. So bin ich auch nicht so unter Druck, jäten zu müssen. In jedem Jahr wächst etwas anderes in diesem Garten besonders gut. In diesem Jahr ist es die Königskerze und sehr überraschend der einjährige Mohn. Es gab auch schon Jahre, wo der Beifuß und die Brennnessel den größten Teil des Bodens bedeckt haben. Das war gut für den Giersch und den Gundermann. Beides ist sehr lecker im Salat.

Meine Bienen ignorieren den Blumengarten. Höchstens den Borretsch fliegen sie im Juli und August mal an. Der vermehrt sich auch fleißig und macht sehr viele Blüten noch spät im Jahr, wenn es nicht mehr so viel zu holen gibt. Ansonsten summt es hauptsächlich von den Hummeln und auch die eine oder andere Wildbiene findet sich ein.

Arbeiten im Garten ist meditativ. Wachsen und Sterben liegen da dicht beieinander. Und ein Garten bietet viele Möglichkeiten, um Lebensvergleiche zu ziehen. Es fühlt sich ein bisschen gut an, wenn man die Welt ein bisschen besser macht, weil man einen Garten pflegt. Die eigene Scholle erzeugt immer noch Besitzerstolz, auch wenn sie klein ist. Und das wurmstichige Radieschen oder die von Schnecken angefressenen Erdbeeren sind eben die eigenen und sehen auch gar nicht, wie gekauft aus.

Man kann die Gartenarbeit als Arbeit betrachten. Mit wütender Genugtuung kann man das Unkraut ausreißen oder den Boden umgraben. Man kann es als Entdeckungsreise betrachten. Was wächst denn da? Man kann es als körperlichen Ausgleich zum Büro betrachten und die Arbeit an der frischen Luft genießen. Man kann es als Beitrag zur Rettung des Weltklimas betrachten und regionale Pflanzen vermehren. Für mich ist es von allem ein bisschen, nur Arbeit ist es bei mir nie. Wenn ich keine Lust mehr habe, dann höre ich auf. Es ist ja wurst, was da wächst. Ich brauche davon ja nicht leben.

Bienenfreundlich

Und? Hast du schon eine bienenfreundliche Blühmischung gekauft? Oder wenn du keinen eigenen Garten hast, dann wenigstens Samenbomben, die man sogar aus dem geöffneten Fenster eines fahrenden Autos werfen kann? Die Blumenguerilla hat das schon vor Jahren erfunden, aber da waren Bienen noch nicht so hip und die Samenbomben gab es noch nicht fix und fertig im Baumarkt zu kaufen.

Heute kann man Convenience-Naturförderer sein. Die fertigen Mischungen und Möglichkeiten bietet der Baumarkt oder der Discounter um die Ecke. Es ist auch gar nicht aufwändig – Tüte auf und auf den Boden werfen. Da muss man nichts mehr umgraben, jäten oder vorbereiten. Irgendwas aus dieser Tüte wächst vermutlich und das Unkraut dazwischen hat ja auch seine Daseins-Berechtigung. Die Preise für diese Tütchen sind enorm, vor allem wenn man bedenkt, dass die Hälfte der Samen gar nicht erst aufgeht. Aber das merkt ja keiner, weil die wenigsten Nutzer dieser Abzocke, die Pflanzen in der Tüte überhaupt bestimmen können. Den Nachbarn kann man das gut als naturnahes Gärtnern verkaufen. Es befreit einen von der Plage des Unkraut – Jätens und begründet sogar das versäumte Rasenmähen.

Ich gönne jedem seinen Verdienst daran, denn die Sache an sich ist ja gut gemeint. Und das ist bekanntlich weit weg von gut gemacht. Man könnte es als einen Anfang bezeichnen und ist sicher immer noch besser, als das gleiche Geld in Brot für die Enten zu stecken. Enten sterben nämlich an der Brotfütterung – aber das nur so nebenbei. Doch es schüttelt mich schon, wenn ich an die Euros denke, die da in ein paar rausgeworfene Samen gesteckt werden, wo man doch einfach, naturnah und so weiter etwas tun könnte.

Naturnahes Gärtnern, Brachflächen, Brennesselhorste oder Steinhaufen sind insektenfreundlich. Aber wer nicht jätet, der hat auch auf solchen Flächen bald nur noch die dominanteste Pflanze stehen und gefährdet die Vielfalt.

Bienenfreundlich ist massenhaftes Anpflanzen derselben Pflanze auf einem Raum. 1000 Quadratmeter Phacelia zum Beispiel sehen nicht schön aus, aber das wird von Bienen beflogen. Man kann seinen Garten auch mit der durchwachsenen Silphie überwuchern lassen. Die Pflanze wird zwei Meter hoch und wäre so auch Sichtschutz gegen die Nachbarn. Aber die Bienen kommen auch da erst, wenn es eigentlich nichts anderes zu holen gibt. So gesehen sind Bienen an die moderen Massenproduktion angepasst, wenn auch ungewollt. Für die Bienen sind riesige Rapsfelder ganz wunderbar. Sie mögen große Lupinenschläge und auch dem Gelbsenf sind sie nicht abgeneigt, sehr zum Unwillen des Imkers, aber das ist eine andere Sachinformation.

Keine Frage – naturnahes Gärtnern ist eine feine Sache. Aber wer bienenfreundlich handeln will, der wird Mitglied in einem Imkerverein. Dafür muss man keine Bienen halten, aber dort kann man die Imker bei der Politik für die Biene unterstützen.

Mein Volk

Bienen wurden als Haustier jahrzehntelang eher stiefmütterlich, ja sogar furchteinflößend, behandelt, bis die Medien die Biene entdeckten. Auf einmal ist sie die Werbeträger für eine intakte Natur schlechthin. Und inzwischen weiß auch der letzte, dass die Erde mit der letzten Biene sterben wird.

Ob ich nun aufgrund der medialen Präsenz zum Imkern gekommen bin oder ob es der innere Wunsch war, etwas dem Bienensterben entgegen zu setzen, weiß ich nicht. Mein offizielles Argument ist jedenfalls, dass ich ein Hobby gesucht habe, das mehr Geld einbringt, als es kostet und das ich ausüben kann, wenn ich sehr alt bin. Die Chancen, dass zu erreichen, sind recht gut. Immerhin sind die Mitglieder in den Imkervereinen im Schnitt alt und sparsam.

Ganz gleich, warum ich mir das Hobby Imkern ausgesucht habe, es macht sich gut in privaten und beruflichen Gesprächen. „Du hast Bienen? Das finde ich ja toll. Die sterben ja bald aus.“ Mit Bienen steht man ein bisschen in der Öko-Ecke, aber nicht so ganz. Es ist ein domestiziertes Haustier, das einen Gewinn abwirft oder abwerfen könnte, wenn man es besser macht wie ich. Somit ist man ein bisschen der Plantenretter, der auf dem Boden der Tatsachen bleibt.

Inzwischen habe ich Völker kommen und gehen sehen, Honig und Wachs geerntet, festgestellt, dass es auch junge Imker gibt und mich gefragt, wie öko ich wirklich bin. Mein Volk – aktuell sind es tatsächlich drei Völker, aber eines ist mir das Liebste – steht vor meiner Haustür. Vermutlich ist es nicht wichtig warum, sondern nur, dass es einfach da ist.

Und mal so ganz ökonomisch und nicht ökologisch bemerkt: Ab Mitte Juli kann Honig wieder käuflich erworben werden.