Kennt Ihr eigentlich noch Hermann? Nein, ich meine nicht Hesse oder „Mensch Hermann“ – ich meine diesen Teig, den sicherlich jede und jeder (zumindest unter uns Millennials) von uns irgendwann einmal beherbergt, gefüttert, vermehrt und gebacken hat, um ihn dann eine halbe Ewigkeit lang nicht wieder loszuwerden.
Dieses Ding bekam man üblicherweise in einem im Idealfall ausgewaschenen Gurkenglas von irgendwelchen Mitschülern etc., schlurrte damit nach Hause und wurde erstmal zusammengeschissen, was das wieder sollte – man hatte das doch schon und überhaupt. Genauer gesagt hatte ich in meiner kompletten Schulzeit nicht einmal Kopfläuse, aber mindestens 20 Mal Hermann. Trotz des anfänglichen Protestes wurde der vor sich hin blubbernde Glibberteig dann jedoch regelmäßig gerührt (mit einem Löffel, der auf keinen Fall aus Metall bestehen durfte – zwar hab ich in der Schule Chemie als Wahlpflichtfach belegt, zu der Zeit war der Hermann-Hype allerdings vorbei, sonst hätte ich sicherlich mal gefragt, ob das Voodoo ist oder tatsächlich’n ernsten Hintergrund hat), „gefüttert“ (man kippt da regelmäßig Zucker und andere Sachen, an die ich mich nicht mehr so genau erinnere, dazu) und bedrohlich vor sich hin gärend und blubbernd irgendwo bei Zimmertemperatur gelagert, um das Ding nach x Tagen endlich in mehrere Teile zu teilen und aus einem Teil einen Kuchen zu backen, an dem trotz tagelanger „Fütterei“ fast alle Zutaten noch fehlten und der irgendwie nicht anders schmeckte, als jeder andere Kuchen, wenn man genügend Smarties drin versenkte, wie das damals gefühlt jeder anständige Mensch tat.
Die restlichen Teile von dem Ungetüm versuchte man, mitsamt einer bei irgendeiner Büro-Verwandtschaft schlecht kopierten, von Generationen von mitkopierten Teigspuren gezierten Anleitung unter die Leute zu bringen, was selten vollständig gelang und einen zu leicht zur nächsten Runde „Hermann“ verleitete, die infolge des vollständig gleichen Versuchsaufbaus in der Regel nicht anders endete. Irgendwann hat man die Reste verbacken oder eingefroren (ich würde wetten, dass in irgendwelchen Tiefkühltruhen bei irgendwelchen Leuten, die seltener umziehen, als ich, noch Hermänner in Tupperdosen verweilen, ohne, dass dem eine Straftat vorausging), nur, damit drei Tage später der nächste mit so einem Glas um die Ecke kam.
Ich fand das gefühlt schon damals hygienisch ein wenig suspekt und habe mir gründlich ausgesucht, von wem ich mir das Ding jeweils habe unterjubeln lassen – da „Hermann“ aber üblicherweise keinen Stammbaum in der Grundausstattung mit sich führt, war das wohl eher ein verzweifelter Versuch, sich die Sache schönzureden.
Unabhängig davon, dass ich in den letzten Jahren und Jahrzehnten weitere Spleens erworben habe, die mich von sowas abhalten sollten (Mit dem Pferd abwechselnd vom Apfel abbeißen? – Kein Ding! Den Hund vom Nachbarn von der Gabel probieren lassen? – Besser, als die Käseschlontze deswegen an den Fingern zu haben! „Kann ich mal aus deinem Glas probieren?“ / „Magst Du mal von meinem Teller probieren?“ – DA kommt es dann schon drauf an, um wen es sich handelt… und: Bei Kochlöffeln und Schneidebrettern aus Holz isses dann komplett vorbei… aber ich schweife ab, vielleicht sollte ich darüber mal einen separaten Blogpost verfassen?) – wie wäre es denn mal wieder mit so’nem Hermann? Ich meine – in Zeiten einer globalen Pandemie scheint das eigentlich undenkbar, aber vielleicht gehen wir das demnächst mal an? Vielleicht, sobald die Friseure mal wieder öffnen, nur, um sich da mal’n Ziel zu setzen? Wäre da wer dabei? Übergabe geht ja auch kontaktlos und die Anleitung würde ich in der heutigen Zeit wohl ohnehin per E-Mail oder Messenger senden.